Antrag: Direkte Demokratie ins Grundgesetz

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 07.09.2004

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag setzt sich für eine Änderung des Grundgesetzes mit dem Ziel ein, Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene in Deutschland als Grundrecht einzuführen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
offensiv für dieses Ziel einzutreten, und die Zustimmung im Bundesrat so zu gestalten, dass eine Grundgesetzänderung zügig erfolgen kann. Unbedingt ist sicher zu stellen, dass die entsprechende Grundgesetzänderung zeitlich so vollzogen wird, dass in Deutschland ein Referendum über die Verfassung der Europäischen Union möglich ist.

Begründung
Es gibt gute Gründe das repräsentativ-parlamentarische System der Bundesrepublik Deutschland um plebiszitäre Elemente zu erweitern. Die Instrumente Volksbegehren, Volksinitiative und Volksentscheid sind dabei umfassend in das Grundgesetz aufzunehmen.
Die Einigung des Europäischen Rats auf einen Verfassungsentwurf und die damit verbundene Pflicht zur Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im o.g. Sinne zu verändern. Allerdings sollte die Grundgesetzänderung keinesfalls auf den singulären Fall der EU-Verfassung beschränkt werden. Auch weitere Möglichkeiten der direkten Bürgerbeteiligung auf Bundesebene sollten geschaffen werden.
Es reicht nicht aus, nur für den Fall der Volksabstimmung über die "Europäische Verfassung" unsere Verfassung zu ändern. Den Bürgerinnen und Bürgern wäre es nicht zu vermitteln, wenn das Grundgesetz nur für diese eine Abstimmung geändert würde, alle anderen Fälle einer direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger aber ausgeschlossen blieben.
Die optimale Lösung für ein Referendum über die EU-Verfassung wäre eine zeitgleiche, EU-weite Volksabstimmung gewesen. Dieses Ziel ist jedoch – allein zeitlich - nicht mehr zu erreichen. Verschiedene Länder der EU, darunter Frankreich, Spanien und Großbritannien haben eine Volksabstimmung zur EU-Verfassung angekündigt, Schon zum jetzigen Zeitpunkt steht fest, dass mehr als 50 % der EU-Bürger direkt über die Verfassung abstimmen werden.
Ein Referendum über die Europäische Verfassung, das allein aus Gründen der Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union dringend gebraucht wird, bietet die Chance, mit den Bürgerinnen und Bürgern in einen intensiven Dialog über die Vorteile der europäischen Integrationspolitik und die weiteren Perspektiven der EU zu treten. Die schlechte Beteiligung an den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament und die ungenügende Präsenz europäischer Themen in der öffentlichen Debatte haben hier einen erheblichen Handlungsbedarf deutlich gemacht.
Das Schlagwort vom "Europa der Bürgerinnen und Bürger" wird durch die Diskussion der Verfassung mit Leben gefüllt. Wenn auch in Deutschland eine Volksabstimmung durchgeführt wird, würden insgesamt über 70 % der EU-Bevölkerung direkt über die Verfassung entscheiden. Der Demokratiegedanke in Deutschland und Europa könnte durch eine rasche Entscheidung über die Aufnahme plebiszitärer Instrumente in unser Grundgesetz gestärkt werden.

Fraktionsvorsitzender

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