Antrag: Digitalisierung in der Landwirtschaft: Chancen nutzen- Abhängigkeiten und Datenklau vermeiden

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Wie in allen Lebens- und Arbeitsbereichen findet auch in der Landwirtschaft eine Digitalisierung der Arbeitsprozesse statt. Dies bietet Chancen, aber auch erhebliche Risiken, wenn die Politik keine Rahmenbedingungen setzt.

Bereits jetzt sind Melkroboter mit Sensortechnik im Kuhstall und satellitengesteuerte Parallelfahrsysteme für den Schlepper auf dem Acker gang und gäbe. Viele Prozesse wie die Klimatisierung im Stall oder die Steuerung der Solaranlage auf dem Dach können heute bequem vom Smartphone aus gesteuert werden.

Doch die Entwicklung geht weiter. Unter Industrie 4.0 versteht man die Kommunikation von Maschine zu Maschine („m2m“), ohne dass der Mensch eingreifen muss. Auf die Landwirtschaft übertragen heißt dies, dass im Ackerbau Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngen, Spritzen und schließlich die Ernte autonom ablaufen könnten.

Auf dem Agrarmarkt sind immer enger werdende Zusammenschlüsse von Unternehmen die Landmaschinen herstellen, Software-Firmen, Saatgutunternehmen, Düngemittel- und agrochemischer Industrie zu beobachten. Am Ende der Entwicklung könnten ein oder zwei agroindustrielle Konzerne den globalen Markt beherrschen und mit ihrer monopolistischen Marktstellung Preise und Bewirtschaftungsweisen diktieren.

Doch nach Ansicht des niedersächsischen Landtags müssen auch Landwirte und Landwirtinnen als selbstbestimmt Entscheidende, bei jedem Produkt aus einer Angebotspalette verschiedener Anbieterinnen und Anbieter auswählen können. Und das, ohne sich gleichzeitig damit für die dazugehörige Hard- oder Software, die vermeintlich dazugehörigen Pestizide und Düngemittel entscheiden zu müssen.

Auf dem Bodenmarkt ist seit Jahren zu beobachten, dass Ackerflächen zunehmend von nicht landwirtschaftlichen Investorinnen und Investoren aufgekauft werden und Pacht- und Kaufpreise steigen. Durch den Zugriff auf Bodendaten, die im Zuge der Digitalisierung im Ackerbau gesammelt werden können, wäre es für Investorinnen und Investoren aus der ganzen Welt möglich, besser als die landbewirtschaftenden selbst zu wissen, wie es um die Bodenqualität des Grundes bestellt ist. Daher ist es wichtig, dass die Daten nur dem Landwirt oder der Landwirtin selbst gehören und die Frage des Zugriffs und der Auswertung ihnen vorbehalten bleibt. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs), zum Beispiel von Software-Unternehmen, dürfen nicht so formuliert sein, dass ohne eine Einwilligung in die Datenweitergabe, ein Kauf des jeweiligen Produktes nicht möglich ist. Bei kostenlosen Produkten muss vollständig ausgewiesen werden, welche Daten an wen weitergegeben werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich bei der Bundesregierung und der EU für folgende Forderungen einzusetzen:

  • Eine gute Internetanbindung auf dem Land ist sicherzustellen. Hierfür ist ein Rechtsanspruch auf schnelles Internet einzuführen.
  •  Auf alle öffentlichen Wetterdaten muss kostenlos zugegriffen werden können.
  • Das Risiko von Cyber-Angriffen auf die landwirtschaftliche Produktion muss eingedämmt werden (Redundanzen durch nicht automatisierte Steuerung berücksichtigen).
  • Die herstellerübergreifende Kompatibilität von Landmaschinen ohne Leistungsverluste muss gesetzlich abgesichert werden (Schnittstellen-Kompatibilität).
  • Eine Konzentration von Agrarkonzernen, insbesondere über die Sektorgrenzen hinweg (Landmaschinenbau, Hofsoftware, Saatgut, Düngemittel und Pestizide), muss durch die Kartellbehörden verhindert werden.
  • Die erhobenen Daten gehören ausschließlich den Landwirtinnen und Landwirten. Über alle Daten die erhoben werden sollen, muss vollständig informiert werden.
  • Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Software-Produkten und Maschinen mit integrierter Software dürfen nicht so gestaltet sein, dass ein Kauf nur möglich ist, wenn einer Erhebung zusätzlicher Daten oder der Weitergabe von Daten an Dritte zugestimmt wurde.
  • Beim Nutzen kostenloser Software müssen die Landwirtinnen und Landwirte über alle Daten, die an den Herstellerfirmen übermittelt werden oder an Dritte weitergegeben werden, informiert werden.
  • Bei der Förderung digitaler Technik sollen kleinere Betriebe bevorzugt gefördert werden, um den Strukturwandel nicht weiter anzuheizen.
  • Bevorzugt soll bei der Entwicklung von Software-Produkten mit Positionsbestimmung, das europäische globale Satellitennavigationssystem Galileo genutzt werden.
  • Tierschutz fördernde Neuerungen wie, die Sensortechnik in Mähwerken zur Erkennung von Rehkitzen oder Vogelgelegen, sollen bei Neuanschaffungen zur Pflicht werden, die Nachrüstung von Altgeräten soll gefördert werden.

Begründung

Digitalisierung kann dazu beitragen, die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte zu erleichtern und gleichzeitig die Natur und Umwelt, sowie das Tierwohl zu fördern. Beispiele hierfür sind Drohnen, die im Gras versteckte Rehkitze orten, oder Sensoren die einen beginnenden Schädlingsbefall so frühzeitig erkennen, dass dieser punktuell bekämpft werden kann anstatt großflächig Pestizide auszubringen oder aber auch, was heute ja schon vielfach angewandt wird, moderne Melkroboter. Die Digitalisierung spielt eine immer größere Rolle, nicht nur was den konkreten Einsatz der Technik auf dem Acker angeht, sondern auch bei den damit verbundenen Kosten. Schätzungen gehen davon aus, dass Software und Sensorik schon heute bei modernen Landmaschinen etwa 30 Prozent der Anschaffungskosten ausmachen. Um den wachsenden kosten zu begegnen müssen öffentliche Daten den landwirtschaftlichen Betrieben kostenlos zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist im Bereich der Agrartechnik mit wachsender Tendenz eine sich herausbildenden Monopolisierung erkennbar, der entgegengewirkt werden muss. Es ist die Aufgabe der Politik den Rahmen vorzugeben, indem sich die Digitalisierung in Zukunft bewegen wird. Dabei ist beispielsweise zu berücksichtigen, dass zukünftig die Geräte unterschiedlicher Herstellerfirmen miteinander kombinierbar sind und auch Themen wie Datenschutz eine Verankerung in den allgemeinen Leitlinien finden.

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