Antrag: Digitale Transformation gestalten - Niedersachsens Wirtschaft und Arbeitnehmer*innen in Zeiten des Wandels unterstützen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen führt insbesondere auch im Arbeitsleben bei Produktionsprozessen und Arbeitsabläufen zu spürbaren Umbrüchen. Vor diesem Hintergrund hat Niedersachsen mit dem Masterplan Digitalisierung in der letzten Legislaturperiode einen ersten Fahrplan mit Maßnahmen zur Unterstützung für Unternehmen und Arbeitnehmer*innen auf den Weg gebracht. Diese Maßnahmen müssen nun fortentwickelt werden, damit Niedersachsens mittelständisch geprägte Wirtschaft auch künftig wettbewerbsfähig bleibt. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden auch künftig Förderanreize und Unterstützung bei der Umstellung ihrer Produktions- und Arbeitsprozesse benötigen. Dabei wollen wir einen Fokus auf die Situation der Arbeitnehmer*innen legen. Es bedarf zielgerichteter Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote, damit Arbeitnehmer *innen optimal auf veränderte Berufsbilder vorbereitet und geschult werden. Darüber hinaus muss auch die Fachkräftesituation in den technischen Berufen in den Blick genommen werden.

Deshalb bittet der Landtag die Landesregierung:

  1. Die Weiterentwicklung der Digitalagentur Niedersachsen zu einer Serviceagentur         voranzutreiben.
  2. Zu prüfen, wie Digitallotsen für die niedersächsische Wirtschaft etabliert werden können.
  3. Die Förderung von Investitionen in innovative Technologien der Digitalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen weiterzuentwickeln.
  4. Unternehmen bei der Umsetzung von Maßnahmen im Bereich der Cybersicherheit zu unterstützen.
  5. Zu prüfen, wie die berufliche Weiterbildung attraktiv und zielgerecht weiterentwickelt werden kann, um den veränderten Anforderungen und Qualifizierungen gerecht zu werden, die sich durch die Digitalisierung ergeben.
  6. Die Handwerkskammern bei der Einrichtung von Lehreinrichtungen für digitale Anwendungen zu begleiten
  7. Die Berufsorientierung in Schulen für Berufe zu stärken und sich dafür einzusetzen, dass ein zeitgemäßer Rechtsrahmen zur Einwanderungspraxis von qualifizierten Fachkräften entsteht.

Begründung

Neben dem Klimaschutz ist die Digitalisierung eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben unserer Gesellschaft. Angesichts der großen Umbrüche und Veränderungen sorgen sich viele Menschen um die Entwicklung auf ihrem Arbeitsplatz oder die Existenz ihres Unternehmens. Diesen Ängsten muss mit einer vorausschauenden und aktiven Politik begegnet werden, in der alle Arbeitnehmer*innen und Unternehmen mitgenommen werden. Durch eine zielgerichtete Begleitung und Förderung wollen wir Sicherheit in Zeiten des Wandels geben. Jedes KMU soll Gelegenheit haben, sich zukunftsorientiert aufzustellen. Jede/r Arbeitnehmer*innen soll sich auf veränderte Berufsbilder vorbereiten können. Dabei ist wichtig neben Industrie und Handwerk auch die Sozialwirtschaft in den Blick zu nehmen. Gerade für sie ist Digitalisierung eine Chance, Prozesse effizienter zu gestalten und Arbeitnehmer*innen in ihrem Beruf gezielt zu entlasten.

Bei der Weiterentwicklung der Förderkulisse für die Unterstützung von Digitalisierungsprozessen nehmen wir die gesamte Prozesskette von der Identifizierung von Potenzialen bis zu deren Umsetzung in den Blick.

Ein konsistenter Digitalisierungsprozess beginnt in Betrieben stets mit der Identifizierung finanziell lohnender Potenziale, z. B. in Form von weniger Fehlern bei der Kommissionierung oder der Produktion, geringerem Ausschuss, beschleunigten Prozessen, einem höheren Output oder vereinfachter Dokumentation. Um diese Potenziale für Unternehmen künftig noch besser identifizieren zu können, soll die Digitalagentur Niedersachsen zu einer Serviceagentur für die Wirtschaft weiterentwickelt werden. Sie soll ein noch höheres Serviceniveau insbesondere für Mittelstand und Handwerk anbieten, indem mit dem eigenen Know-how eine leistungsstarke Erst- und Förderberatung angeboten oder aber auch direkt an spezialisierte Einrichtungen aus dem eigenen Netzwerk weitervermittelt wird.

Im Rahmen dieser verstärkten Netzwerkbildung aller Digitalisierungs- und Kompetenzzentren sollen Digitallotsen etabliert werden. Sie sollen Unternehmen vor Ort beraten und unterstützen, indem sie ihre Fachexpertise zur Verfügung stellen. Durch die Verzahnung der unterschiedlichen Digitalisierungs- und Kompetenzzentren kommt das spezialisierte Know-how schnell und ohne Umwege bei den Betrieben an. Im Ergebnis haben die Betriebe mit der Digitalagentur einen zentralen Ansprechpartner, greifen aber auf die Leistungsfähigkeit unzähliger miteinander vernetzter Einrichtungen zurück.

Nach der Identifizierung von geeigneten Potenzialen und einer Beratung erfolgt die Umsetzung. Dazu existiert seit September 2019 das Investitionsförderprogramm „Digitalbonus", dass Investitionen mit bis zu 10.000 Euro bezuschusst. Nachdem bisher die grundlegende Digitalisierung „in der Breite" beschleunigt wird, gilt es zukünftig die Umsetzung noch zielgerichteter voranzutreiben. Die künftige Förderung soll verstärkt den Fokus auf innovative Technologien und einem besonderen Innovationsgehalt, z. B. Transformation des Geschäftsmodells, Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder dem Neuheitsgrad legen. Die Förderung wird dadurch deutlich stärker „in der Tiefe" des Digitalisierungsfortschritts einzelner Betriebe wirken, jedoch auch höhere Fördersummen erfordern sowie eine geringere Anzahl an Förderfällen induzieren. Die Neuausrichtung der Förderung soll zudem verstärkt das Thema Cybersicherheit berücksichtigen, da es für Unternehmen eine immer größere Bedeutung erlangt.

Auch die beste digitale Technik kann in Betrieben aber nicht effizient eingesetzt werden, wenn die Mitarbeitenden nicht ausreichend qualifiziert wurden oder die benötigten Fachkräfte am Arbeitsmarkt nicht gewonnen werden können. Daher muss ein klarer Schwerpunkt im Bereich der beruflichen Weiterbildung und Fachkräftegewinnung liegen. Ziel muss es sein, dass alle Arbeitnehmer*innen niederschwellig die Möglichkeit erhalten, digitale Kompetenzen zu erwerben bzw. zu vertiefen. Denn: Digitalisierung ist für uns kein Selbstzweck. Der Mensch muss im Mittelpunkt der gesamten Entwicklung stehen. Hilfreich dafür wäre, wenn die Handwerkskammern Niedersachsens die Möglichkeit hätten, mindestens eine Digitalwerkstatt einzurichten, in denen Handwerksbetriebe Ihre Mitarbeiter*innen zu digitalen Anwendungen beraten und weiterbilden lassen können. Diese Anwendungen können beispielsweise digitale Terminplanung, digitale Bau- und Mängeldokumentation, digitale Personalplanung und Zeiterfassung, die Herstellung von Werkzeugen und Ersatzteilen mittels 3D-Druck und automatisierte Belegverarbeitung mittels Dokumentenmanagement umfassen. Neben den Weiterbildungsmöglichkeiten muss zudem durch ein aktives Werben in den Schulen für technische Berufe dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Weiter benötigen wir aufgrund der demografischen Entwicklung ein modernes Einwanderungsrecht von qualifizierten Fachkräften. Bund und Länder sind aufgefordert hier einen flexiblen und vereinfachten Rechtsrahmen zu schaffen.

Mit dieser klaren Fokussierung und Weiterentwicklung der bisher eingeleiteten Maßnahmen sorgen wir für die nötige Unterstützung unserer Wirtschaft, damit diese auch im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig bleibt.

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