Antrag: Die Sonderrechte der Atomindustrie schaden Niedersachsen! Subventionen abschaffen – Verursacherprinzip anwenden

Antrag

Die Sonderrechte der Atomindustrie schaden Niedersachsen!
Subventionen abschaffen – Verursacherprinzip anwenden

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • ungerechtfertigte Subventionen und Sonderrechte der Atomindustrie aufzuheben bzw. sich für eine Aufhebung einzusetzen und bei den Kosten der Beseitigung von Atommüll eine strikte Anwendung des Verursacherprinzips durchzusetzen bzw. sich dafür einzusetzen,
  • den Landtag über Umfang und Rechtfertigung von steuerfreien Rückstellungen der Betreiber von nuklearen Anlagen in Niedersachsen für die Beseitigung von Atommüll zu informieren, die das Steueraufkommen des Landes oder der Kommune mindern.

Der Landtag hält es für notwendig,

  • einen öffentlich-rechtlichen Atommüllfonds einzurichten, der sicherstellt, dass die Kosten der Endlagersuche, des Betriebs und der Stilllegung von Endlagern, der Sanierung nuklearer Altlasten und des Rückbaus von nuklearen Anlagen, in vollem Umfang finanziert werden und die Gelder jederzeit gegen Konkursausfall gesichert sind,
  • die Verursacher des Atommülls zur Finanzierung des Fonds heranzuziehen. Dabei sind Gebühren für die gegenwärtig anfallenden Kosten zu erheben. Für alle künftig anfallenden Kosten ist eine Brennstoffabgabe oder eine Brennstoffsteuer als Vorausleistung bei den Verursachern zu erheben,
  • dass Eigentümer von kerntechnischen Anlagen Betriebshaftpflichtversicherungen abschließen, die Haftungsvorsorge für alle potenziell denkbaren Schäden in voller Höhe sicherstellen. Die Begrenzung der Deckungsvorsorge in § 13.3 AtG auf 2,5 Mrd. € ist aufzuheben.

Begründung

Im Zusammenhang mit der Sanierung der Asse werden voraussichtlich Kosten von 2 - 2,5 Mrd. € anfallen. Kosten der Entwertung von Grundstücken, der möglichen Kontamination des Grundwassers und von Personenschäden sind noch nicht absehbar, aber in beachtlicher Größenordnung zu befürchten. Um sicherzustellen, dass die Verursacher in vollem Umfang für den entstandenen Schaden aufkommen, sind die Sonderrechte der Atomindustrie zu beseitigen.

Bislang nimmt die Atomindustrie steuerfreie Rückstellungen in Milliardenhöhe für die Entsorgung nuklearer Altlasten in Anspruch. Gleichzeitig hat sie es in den letzten Jahrzehnten verstanden, umfangreiche Folgekosten der Atomstromproduktion auf den Staat abzuwälzen.

In einem Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (BT-Drucksache 16/11609) wurde in § 57b AtG folgender Satz eingefügt: "Die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung trägt der Bund." Damit wurden die Kosten für die Sanierung der Asse dem Steuerzahler auferlegt. Gleichzeitig wurde die Atomindustrie, von der der allergrößte Teil des radioaktiven Inventars der Asse stammt, von den Kosten freigestellt. Das Verursacherprinzip wurde ausgehebelt.

In der Asse wurde die billige Müllbeseitigung immer als "Forschung" deklariert. Lieferscheine und Unterlagen in den Asse-Akten zeigen aber, dass der allergrößte Teil aus Leistungsreaktoren stammt, die die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe beliefert haben. Diese Anlage war von Anfang an im Besitz der chemischen Industrie und der Stromwirtschaft, stand aber auf dem Gelände des Forschungszentrums Karlsruhe. Mittlerweile summieren sich die Kosten für die Beseitigung nuklearer Altlasten bundesweit auf ca. 20 Mrd. €. Die Asse-Kosten und Kosten für die Sanierung der nuklearen DDR-Altlasten kommen noch dazu.

Die steuerfreien Rückstellungen mindern auch das Steueraufkommen des Landes Niedersachsen und seiner Kommunen. Zudem sind diese Gelder bei den Eigentümern der Atomanlagen nicht konkurssicher angelegt. Für die Zukunft muss aber sichergestellt werden, dass die Gebühren und Beiträge jederzeit zur Verfügung stehen und jederzeit konkurssicher bereitstehen. Das kann nur ein öffentlich-rechtlicher Fonds gewährleisten, der Gebühren und Abgaben erhebt und aus einer Brennelementesteuer gespeist werden könnte. Die aktuelle Finanzkrise zeigt die Notwendigkeit dieser Vorsorge in eindrucksvoller Weise. Vorausleistungen müssen sicherstellen, dass auch künftig anfallende Kosten von den Verursachern in vollem Umfang getragen werden.

Nicht zu rechtfertigen ist die mangelhafte Vorsorge der Atomindustrie für Haftungsfälle. Die Betriebshaftpflicht ist derzeit auf maximal 2,5 Mrd. € begrenzt. Schadensfälle in dicht besiedelten Regionen können aber ohne Weiteres das 500 bis 1000-fache dieser Summe verursachen. Atomkraftwerke sind extrem stark unterversichert. Die Kosten dieser Unterdeckung trägt bislang der Staat und damit letztlich jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger. Nach § 13 AtG hat die Genehmigungsbehörde alle zwei Jahre die Höhe der Deckungsvorsorge von kerntechnischen Anlagen neu festzusetzen. Alle fünf Jahre ist die Höchstgrenze laut Gesetz zu überprüfen. Hier ist die Atomaufsicht des Landes gefordert. Zu fordern ist, dass kerntechnische Anlagen in vollem Umfang potenzieller Schadensereignisse Deckungsvorsorge leisten. Die bislang geltenden Sonderrechte der Atomindustrie müssen endlich abgeschafft werden.

Sollte sich keine Versicherungsgesellschaft finden, die für noch laufende Atomkraftwerke in vollem Umfang Deckungsvorsorge übernimmt, ist für den Umfang der möglichen Unterdeckung eines Atomkraftwerks eine versicherungsmathematisch berechnete Abgabe an den Staat zu leisten, die einer vollen Betriebshaftpflicht entspricht.

Während die staatliche Förderung für regenerative Energien degressiv angelegt ist, hat es die Atomindustrie immer wieder verstanden, die staatliche Subventionierung der Atom-Technologie auf einem extrem hohen Niveau zu verlängern oder gar zu erhöhen. In der Gründerphase verbanden sich mit dieser Technologie noch große Hoffnungen. Heute wissen wir, dass der Neubau von Atomkraftwerken ohne staatliche Subventionen unwirtschaftlich ist. Neue Kraftwerke können nur noch in diktatorischen Systemen angeordnet werden, mit Korruption angeschoben werden oder mit massiven staatlichen Subventionen ermöglicht werden.

Fraktionsvorsitzender

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