Antrag: Den Verbraucherschutz nicht den Lobbyinteressen der Fleischindustrie opfern – Schweine-Schlachtkörper auch weiterhin gründlich untersuchen

Fraktion der SPD

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Mit einer Änderung Ihrer „Verordnung mit besonderen Vorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (VO EG Nr. 854/2004) plant die EU, die veterinäramtlichen Untersuchungen von Schweine-Schlachtkörpern ab Juni diesen Jahres grundsätzlich nur noch visuell vorzunehmen. Auf den bisher obligatorischen Anschnitt innerer Organe, der Lymphknoten und auffälliger Stellen soll damit offenbar auf Druck der Interessenverbände der Fleischwirtschaft genauso verzichtet werden, wie auf das Abtasten der Leber und anderer Organe.

Der Landtag lehnt den geplanten grundsätzlichen Verzicht auf das Anschneiden und Abtasten von Schweine-Schlachtkörpern im Sinne der Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher entschieden ab und fordert die EU-Kommission und die Bundesregierung auf, die bereits beschlossene Änderung der Verordnung 854/2004 zurückzunehmen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, in den Bundesrat eine entsprechende Initiative einzubringen und sich im Rahmen der Ausgestaltung nationaler Verwaltungsvorschriften für eine möglichst umfassende risikomindernde und gründlichere Untersuchung von Schweine-Schlachtkörpern einzusetzen.

Begründung

Anfang Oktober  2013 hat das Europäische Parlament mehrheitlich einen Gesetzesentwurf der Europäischen Kommission beschlossen, mit dem die Verordnung 854/2004 über besondere Vorschriften zur veterinäramtlichen Überwachung  u.a. von Schweine-Schlachtkörpern ab dem 1. Juni 2014 geändert werden soll. Das EU-Parlament hat so beschlossen, obwohl der Fachausschuss des Parlaments für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit den Entwurf noch Ende September mit großer Mehrheit abgelehnt hatte. Offenbar ist es dem Verband der Fleischwirtschaft und ihrem europäischen Dachverband zwischenzeitlich gelungen, mit entsprechendem Einfluss die Mehrheitsmeinung des Europäischen Parlaments zu ändern.

Ab Juni diesen Jahres soll damit das bisher im Rahmen der veterinäramtlichen Überwachung obligatorische Anschneiden innerer Organe und der Lymphknoten von Schweine-Schlachtkörpern entfallen; auch auf das Abtasten der Leber soll dann grundsätzlich verzichtet werden. Die Bundestierärztekammer kritisiert diese Änderung: Es bestehe die Gefahr, dass Krankheiten übersehen und nicht lebensmitteltaugliche Tiere in den Verkehr gebracht würden, schreibt die Bundestierärztekammer in ihrer Presseerklärung vom 11.10.2013. Die berufsständische Vertretung der  Veterinärmediziner weist darauf hin, dass etwa das Anschneiden des Herzens wichtig sei, um die Krankheit Rotlauf – eine auch für den Menschen infektiöse Hauterkrankung – bei Schweinen festzustellen. Außerdem könnten durch den Wegfall tastender und anschneidender Untersuchungsmethoden Abszesse und andere Organveränderungen übersehen werden. Der Fleischindustrie entstehen bei Abschaffung des bisherigen Untersuchungsmethode jedoch Vorteile: Das derzeitige Prüfverfahren erfordert rund 50 Sekunden pro Schwein. Wenn dieser Aufwand künftig nicht mehr erforderlich ist, können die Schlachtbänder intensiver betrieben werden. Zu Lasten der Fleischqualität wird die Quantität erhöht und in Kauf genommen, dass belastetes Fleisch in den Handel gelangt.

Künftig sollen – so sieht es die Änderung der Verordnung 854/2004 vor - über eine rein visuelle Inspektion der Schlachtkörper hinausgehende Untersuchungen nur noch bei Vorliegen konkreter Hinweise  auf Gesundheitsrisiken für die Verbraucherinnen und Verbraucher angeordnet werden können. Näheres ist in Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes – den sog. AVV Lebensmittelhygiene – zu regeln.  Für den Fall, dass es beim auf europäischer Ebene beschlossenen grundsätzlichen Verzicht auf anschneidende und tastenden Untersuchungen von Schweine-Schlachtkörpern bleibt, ist die Landesregierung aufgefordert, sich beim Bund dafür einzusetzen, zumindest in diesem Rahmen die verbleibenden Spielräume im Sinne des Schutzes der Verbraucherinnen und Verbraucher konsequent zu nutzen.

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