Antrag: Daueraufenthalt für langjährig geduldete Ausländer/innen unter besonderer Berücksichtigung von Flüchtlingskindern und ihren Familien

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 30.11.05

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich intensiv bei der Innenministerkonferenz, im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung für einen Daueraufenthalt für langjährig geduldete Ausländer/innen unter besonderer Berücksichtigung von Flücht lingskindern und –jugendlichen unter Einbeziehung der gesamten Familie, einzusetzen.
Begründung:

Im Zuwanderungsgesetz ist ein allgemeines Bleiberecht beziehungsweise eine Altfallregelung für ausreisepflichtige Personen, insbesondere abgelehnte Asylbewerber, die sich mittlerweile seit vielen Jahren in der Bundesrepublik Deutschland eingelebt und integriert haben, nicht enthalten. Nicht nur von Betroffenen, Verbänden, Kirchen und sonstigen Institutionen wird schon seit Jahren ein Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer/innen gefordert. Die Praxis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist seit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes in den Ländern sehr unterschiedlich.
Viele abgelehnte Asylbewerber, Flüchtlinge und andere ausreisepflichtige Personen, die in ihre Herkunftsstaaten nicht abgeschoben werden dürfen oder können, werden über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen "geduldet". Obwohl sie in Ungewissheit leben, haben sie häufig eine faktische Integration vollzogen. Die Kinder gehen zur Schule, absolvieren eine Ausbildung oder ein Studium, die Eltern haben sich in der Nachbarschaft integriert und sind verankert. Dennoch müssen sie teilweise über Jahre hinweg mit der Angst leben, doch noch abgeschoben zu werden in eine, insbesondere für die Kinder, sehr ungewisse und häufig unverständliche andere Welt.
Eine "Politik der nachholenden Anerkennung und sozialen Integration" kann daher nicht nur entlastende und aktivierende Wirkungen für die Betroffenen, sondern auch für die Aufnahmegesellschaft und die Kommunen haben. Denn durch die stabilisierende wirtschaftliche Eigenständigkeit der Flüchtlinge werden kommunale Sozialhaushalte entlastet und der Verwaltungsaufwand drastisch reduziert. Die großen Potenziale zum Teil überdurchschnittlich ausgebildeter Frauen und Männer im besten Lebensalter können besser genutzt werden, teilweise politisch erfahrene und interessierte Fluchtmigrantinnen und -migranten können die politisch-gesellschaftliche Entwicklung in den Städten und Gemeinden durch ihre Beteiligung befruchten. Gleichzeitig sind sie in der Lage, wichtige Beiträge zur politischen Entwicklung ihrer Herkunftsländer zu leisten und damit zur Reduzierung zukünftiger Fluchtbewegungen beitragen.
Auf der Innenministerkonferenz Ende Juni 2005 in Stuttgart hatte Berlins Innensenator Körting eine Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland lebende Ausländer/innen vorgeschlagen. Der ehemalige Bundesinnenminister Schily forderte ein Bleiberecht für Flüchtlingskinder und -jugendliche. Das Zustandekommen einer solchen Bleiberechtsregelung scheiterte. Enttäuscht darüber hat sich auch der Fraktionsvorsitzende der FDP im niedersächsischen Landtag Philipp Rösler gezeigt, der eine Bleiberechtsregelung insbesondere für Kinder und Jugendliche als ein Zeichen im Sinne der Toleranz sieht. Wer von Integration redet, kann sich nicht verweigern, wenn es darum geht, bereits integrierten Kindern ausländischer Herkunft in Deutschland ein Bleiberecht zu ermöglichen.
Nunmehr wird auf der Innenministerkonferenz im Dezember erneut über ein Bleiberecht unter besonderer Berücksichtigung von Flüchtlingskindern auf Initiative von Nordrhein-Westfalen und Berlin diskutiert. Der Innenminister bzw. der Senator haben hierzu jetzt Entwürfe für eine Bleiberechtregelung vorgelegt.
Innenminister Schünemann hat sich schon im November 2005 gegen ein generelles Bleiberecht für alle Familienmitglieder geäußert und hat eine Regelung nur für Kinder und Jugendliche vorgeschlagen. Dieser Vorschlag läuft darauf hinaus, dass langjährig hier lebende Eltern von ihren Kindern getrennt werden, denn nur den Kindern könnte danach ein Aufenthaltsrecht erteilt werden. Eine solche Familientrennung durch behördliches Handeln ist nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch nicht zu vertreten, weil sie die grundgesetzlich geschützte Familie auseinander reißt. Mit einer solchen Regelung allein können die Probleme von zahlreichen Flüchtlingen nicht gelöst werden und sie bietet für die Betroffenen und auch die Kommunen keine zufrieden stellende Lösung. Da der Vorschlag von Innenminister Schünemann zu der Änderung und Erweiterung der Wiederkehroption im Aufenthaltsgesetz jedoch auch eine Chance für künftige oder nicht unter eine Stichtagsregelung fallende Betroffene bietet, ist sie als zusätzliche Option sinnvoll. Denn die zu §§ 25, 37 AufenthG vorgeschlagenen Gesetzesänderungen bieten durchaus eine materielle Rechtsverbesserung ohne "Stichtagsregelung", von der ggf. auch in der Zukunft Betroffene profitieren können.
Es ist daher notwendig, dass die Landesregierung sich für eine weitgehende bundesweite Stichtagsregelung und zusätzlich für eine Änderung der §§ 25, 37 AufenthaltsG einsetzt.
Fraktionsvorsitzender

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