Antrag: Abwässer unverzüglich auf hochansteckende Corona-Mutationen untersuchen – Blindflug der Verbreitung jetzt beenden

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Gesundheitsämter werden zur Gefahrenabwehr unverzüglich angewiesen, in allen Landkreisen Proben der Abwässer auf hochansteckende Mutationen von Sars-CoV-2 zu untersuchen bzw. dies zu veranlassen. Durch diese Vorgehensweise kann in relativ kurzer Zeit ein Lagebild über die unerkannte Verbreitung entsprechender Virus-Varianten in den Landkreisen gewonnen werden. Bei positiven Befunden sollten auch ältere Abwasserproben untersucht werden, um Rückschlüsse auf die Dauer der unerkannten Ausbreitung der Mutationen zu erhalten. Die Priorität bei der Untersuchung des Abwassers muss dabei in den Landkreisen mit den höchsten Fallzahlen liegen.

Begründung

Seit Ausbruch der Sars-CoV-2 Pandemie wurden verschiedene mutierte Varianten des Erregers entdeckt. Die britische Variante VOC-202012/01, auch B.1.1.7, verbreitet sich derzeit stark in Europa, erste Untersuchungen der britischen Gesundheitsbehörde gehen von einer ca. 50% erhöhten Ansteckungsrate aus.[1] Am 29. Dezember hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vor einer unkontrollierten Verbreitung gewarnt zu einem systematischen und zielgerichteten Sequenzierung von positiven PCR-Test vorgeschlagen.[2] Nach Angaben der Tagesschau[3] wird in Deutschland nur ca. jeder 900. positive PCR-Test sequenziert, mit dieser Genomanalyse das Vorliegen einer Mutation des Virus festgestellt werden. Niedersachsen befindet sich im Hinblick auf ansteckendere Mutationen praktisch im Blindflug.

In den Niederlanden wurden bis zum 7. Januar bereits knapp 50 Fälle der britischen Virus-Variante entdeckt.[4] In Dänemark wurden bis zum 2. Januar 86 Fälle entdeckt, in der Kalenderwoche 52 des letzten Jahres waren bereits 2,3% der sequenzierten Proben auf die britische Variante zurückzuführen.[5] Von einer ähnlichen Entwicklung in Niedersachsen muss aktuell oder in Kürze ebenfalls ausgegangen werden.

Ein Team von Forscher*innen hat in Abwasserproben aus der Schweiz Hinweise auf die unkontrollierte Verbreitung der Mutation B.1.1.7 gefunden, wie aus einer Vorab-Publikation hervorgeht.[6] Die erste positive Abwasserprobe wird in dieser Studie auf zwei Wochen vor dem ersten bestätigen Fall in der Schweiz datiert. Die Forschungsgruppe rät an, durch die Untersuchung von Abwässern Virusmutationen zu erkennen:

„We conclude that sequencing SARS-CoV-2 in community wastewater samples may help detect and monitor the circulation of diverse lineages.“[7]

„Wir schließen daraus, dass die Sequenzierung von SARS-CoV-2 in kommunalen Abwasserproben dazu beitragen kann, die Zirkulation verschiedener Abstammungslinien zu erkennen und zu überwachen.“

Wir befinden uns in einem Wettlauf mit der Zeit um R-Wert in Niedersachsen deutlich unter 1 zu senken und unentdeckte Virus-Mutationen zu erkennen. Gelingt uns dies in den nächsten Wochen nicht, riskieren wir einen ähnlich dramatischen Anstieg der Fallzahlen wie in Großbritannien.


[1] Vgl. Public Health England: Investigation of novel SARS-CoV-2 variant, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/949639/Technical_Briefing_VOC202012-2_Briefing_2_FINAL.pdf

[2] Vgl. ECDC: Risk Assessment: Risk related to spread of new SARS-CoV-2 variants of concern in the EU/EEA, https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/covid-19-risk-assessment-spread-new-sars-cov-2-variants-eueea

[3] Vgl. tagesschau.de: Analyse von Virus-Mutationen Spahn ignorierte Virologen-Warnung, https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/sequenzierung-corona-spahn-101.html

[4] Vgl. National Institute for Public Health and the Environment: Update on the spread of the UK coronavirus variant (VOC 202012/01) in the Netherlands, https://www.rivm.nl/en/news/update-on-spread-of-uk-coronavirus-variant-voc-20201201-in-netherlands

[5] Vgl. Statens Serum Institut: Ny status på forekomsten af cluster B.1.1.7 i Danmark,

https://www.ssi.dk/aktuelt/nyheder/2021/ny-status-pa-forekomst-af-cluster-b117-i-danmark

[6] Vgl. Katharina Jahn et al.: Detection of SARS-CoV-2 variants in Switzerland by genomic analysis of wastewater samples, https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.01.08.21249379v1.full.pdf

[7] Katharina Jahn et al.: Detection of SARS-CoV-2 variants in Switzerland by genomic analysis of wastewater samples, S.1, https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.01.08.21249379v1.full.pdf

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