Antrag: 70 Jahre Niedersächsischer Landtag – 70 Jahre für Demokratie und Weltoffenheit

 

Am 13. Mai 1947 trat erstmals der frei gewählte Niedersächsische Landtag zusammen. Damit begann vor 70 Jahren die Geschichte der demokratisch legitimierten parlamentarischen Demokratie Niedersachsens in einer föderal aufzubauenden Bundesrepublik.

Nach den grausamen Zerstörungen des von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkriegs, dem Völkermord an den Europäischen Jüdinnen und Juden, an den Sinti und Roma, den systematischen Morden an Menschen mit Behinderungen, der Verfolgung, Inhaftierung und Ermordung politisch anders Denkender, Homosexueller, aktiven Gegnerinnen und Gegnern des NS-Regimes und vieler weiterer Gruppen beendeten die Alliierten das faschistische NS-Regime in Deutschland.

Die britische Militärregierung vereinigte die Länder Hannover, Oldenburg, Braunschweig und Schaumburg-Lippe zum Land Niedersachsen und ernannte den ersten Landtag. Sie legte damit den Grundstein für die heutige parlamentarische Demokratie in Niedersachsen. Niedersachsen ist auch deshalb mit Großbritannien in besonderer Freundschaft verbunden.

Der Landtag war und ist Ort großer Debatten und Beschlüsse. Gemeinsam mit anderen Bundesländern erkannte Niedersachsen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland an und ermöglichte so die Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949. Die vorläufige Niedersächsische Verfassung wurde im Jahr 1951 beschlossen, die endgültige dann nach der Wiedervereinigung im Jahr 1993 Erstmals wurden als Staatsziele die Gleichberechtigung von Mann und Frau festgeschrieben, sowie der Umweltschutz. Niedersachsen war seit Ende der 70er Jahre Zentrum der Debatte um die Atomenergie, es wurde heftig um die Schulformen gestritten, immer in dem Bemühen, mit der Bildung und Ausbildung der jungen Leute Emanzipation zu fördern, den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Niedersachsen zu stärken und die Demokratie zu sichern. Im Landtag wurde auch die Debatte über die Stammzellforschung geführt. Volksbegehren haben die parlamentarische Demokratie in wichtigen Sachfragen ergänzt.

In jüngster Zeit prägen besonders die Debatten um den Umgang mit der steigenden Zahl flüchtender Menschen die Arbeit des Niedersächsischen Landtages. Bei aller Kontroverse im Detail ist es ein gutes Zeichen, dass alle aktuell im Landtag vertretenen Parteien dem Bündnis „Niedersachsen packt an“ beitraten und so ihre Unterstützung der wichtigen Arbeit der zahlreichen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit zeigten.

Parlamentarische Demokratie braucht Menschen, die sich für politische Mandate bewerben und sie ausfüllen. Beschimpfungen und Bedrohungen von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern nehmen zu. Das ist eine gefährliche Entwicklung für unsere Demokratie. Dieser Entwicklung stellen wir uns mit Entschiedenheit und allen rechtsstaatlichen Mitteln entgegen.

Zentral für das Gelingen der Arbeit des Niedersächsischen Landtages, der politischen Institution, ihrer Entscheidungsprozesse und ihrer Inhalte sind die politisch gewählten Abgeordneten. Allerdings sorgen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und der Fraktionen dafür, dass politische Debatten und Entscheidungen durch Zuarbeit und korrekte Verfahren ermöglicht werden. Auch ihnen gebührt Dank und Anerkennung!

Der Niedersächsische Landtag steht vor großen Herausforderungen. Die Auswirkungen der Finanzkrise, Krisenherde nahe Europas und weltweite Migrationsbewegungen, das Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen und autoritärer Regimes, die auf Abschottung und Ausgrenzung von Gruppen setzen, haben auch Auswirkungen auf Niedersachsen.  Denjenigen, die auf Spaltung der Gesellschaft, auf Ausgrenzung vieler Gruppen und auf eine Abschottung Niedersachsens vor der Welt setzen, gilt es entschieden als Demokratinnen und Demokraten entgegenzutreten. Das freie, weltoffene und demokratische Niedersachsen als Teil eines zusammenwachsenden Europas muss immer wieder erneuert und gestaltet werden. Die Weiterentwicklung der föderalen Struktur Deutschlands, Schaffung von mehr existenzsichernder Arbeit, Sicherung eines angemessenen Rentenniveaus, und gute Bildung, Gleichstellung von Mann und Frau, Bewahrung einer politischen Kultur, die kontrovers in der Sache aber respektvoll im Verfahren ist, sind Ziele, für die es weiter zu streiten gilt. Der Einsatz für ein solidarisches, ökologisches, wirtschaftlich erfolgreiches und innovatives Niedersachsen bleibt auch zukünftig die Aufgabe des Niedersächsischen Landtages.

Niedersachsen wird auch im 21. Jahrhundert eine aktive Rolle innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union spielen. Den Bundesländern kommt dabei die Aufgabe zu, die regionalen kulturellen Identitäten in einem zusammenwachsenden Europa zu bewahren. Auch dieser Aufgabe wird sich der Niedersächsische Landtag stellen.

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