Anne Kura: Rede zu 45 Jahre Europawahlen und 75 Jahre Grundgesetz (Antr. SPD/CDU/Grüne)

Rede zu TOP 27: 45 Jahre Europawahlen und 75 Jahre Grundgesetz: Feiern, verteidigen und stärken wir Demokratie, Frieden und Freiheit (Antr. SPD/CDU/Grüne)

-  Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,

in einer Parabel von David Foster Wallace schwimmen zwei junge Fische des Weges und treffen zufällig einen älteren Fisch. Der kommt ihnen entgegen. Er nickt ihnen zu und sagt: ‚Morgen Jungs. Wie ist das Wasser?‘. Die zwei jungen Fische schwimmen eine Weile weiter. Schließlich guckt der eine den anderen an und fragt: ‚Was zum Teufel ist Wasser?‘“

Die meisten von uns kennen das Leben nur unter den Freiheiten des Grundgesetzes. Manchmal frage ich mich, ob es uns mit den Freiheiten so geht wie den jungen Fischen in der Parabel.

Wer ein Leben lang in Freiheit lebt, dem fällt es nicht immer leicht, ihren unschätzbaren Wert zu erkennen.

Das Wasser existiert auch unabhängig vom Verhalten seiner Bewohner*innen. Das gilt für unsere Demokratie nicht. Weder die zu Recht gelobten Artikel unseres Grundgesetzes, noch seine Erfolgsgeschichte sind eine Garantie für die Zukunft.

Wer auch zukünftig in Freiheit und einem demokratischen Rechtsstaat leben will, der muss dafür Verantwortung übernehmen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich viele in unserem Land für die Demokratie und ihre Werte engagieren. Jeden Tag! Denn:

75 Jahre Grundgesetz bedeutet für uns in Niedersachsen: 75 Jahre Leben in Freiheit, Frieden und Demokratie.

Das Grundgesetz ist ein Glücksfall für unser Land.

Der 75. Geburtstag ist ein Grund zum Feiern. Ich danke Ihnen Frau Präsidentin im Namen meiner Fraktion für die Feierstunde.

Anrede,

Am 23. Mai findet an sehr vielen Schulen ein Aktionstag statt.Danke an alle, die sich hier engagieren. Das ist eine richtig gute Initiative der Landesregierung und insbesondere des Kultusministeriums.

Ich danke außerdem allen, die Einbürgerungsfeiern organisieren, oft zum Tag des Grundgesetzes. Jede einzelne ist immer auch eine Feierstunde für das Grundgesetz. Egal, an welchem Tag im Jahr.

Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist eine Geschichte des erfolgreichen Wandels: wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch. Das Grundgesetz ist dafür die Basis.

Es versetzt uns in die Lage, Probleme gemeinsam zu lösen und dabei Kompromisse zu finden. Pluralität und Vielfalt sind die großen Stärken unseres Landes. Nicht die gleiche Meinung zu haben, hält uns zusammen, sondern unsere Fähigkeit zu Kompromissen.

Im Grundgesetz spiegelt sich gesellschaftlicher Wandel. Am spektakulärsten im Artikel 23, der nach der Deutschen Einheit zum Paragrafen der europäischen Einigung wurde.

Meilensteine sind auch die Verankerung von Umweltschutz als Staatsziel und des aktiven Gleichstellungsauftrags. Das Grundgesetz ist im Laufe der Jahre immer inklusiver geworden. Unsere Verfassung ist lebendig. Und sie lässt sich noch weiterentwickeln.

Aber es gibt auch Dinge, die unveränderbar bleiben müssen.

Das Grundgesetz ist die Antwort auf die Verbrechen und Gräuel der Deutschen in den Jahren zwischen 1933 und 1945. Auch deshalb beginnt es mit seinem wichtigsten Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Daran muss sich jeden Tag alles staatliche Handeln messen lassen.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes legten die Prinzipien des liberalen und demokratischen Rechtstaats unverrückbar fest: In demokratischen Rechtsstaaten herrscht das Volk mit den Mitteln des Rechts. Das Recht sichert immer auch die Freiheiten von Minderheiten: es schützt und stärkt sie.

Und um das klar zu sagen: das Grundgesetz schließt einen rassischen Volksbegriff aus.

Doch nur, weil es dort ausgeschlossen ist, heißt es nicht, dass es nicht existiert: Wir dürfen nicht blind sein: Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus waren nie weg! Sie sind bittere Realität in unserem Land, die viel zu viele Menschen täglich zu spüren bekommen.

Das Grundgesetz enthält Abwehrmechanismen, die die Verfassungsorgane auch einsetzen müssen. Dafür ist das Urteil des OVG Münster ein wichtiger Schritt.

Anrede,

das Grundgesetz steht zur Europäischen Einigung. Für die großen Aufgaben unserer Zeit brauchen wir eine demokratische, handlungsfähige und starke Europäische Union. Auch für die EU gilt: Vielfalt macht uns stark.

Dass Rechtsextreme und Antidemokrat*innen in Europa nach der Macht greifen, bedroht Freiheit, Frieden und Wohlstand auf unserem Kontinent.  Wer rechtsextrem wählt, wählt die Spaltung Europas, der wählt Schwäche. Wir brauchen aber Stärke.

Bis zum 09. Juni wählen wir gemeinsam mit 400 Millionen Europäer*innen das Europäische Parlament. Ich appelliere an alle Menschen über 16 in unserem Land: Entscheiden Sie sich für Frieden in Freiheit. Machen Sie sich und dem Grundgesetz ein Geschenk. Nehmen Sie ihre Verantwortung wahr und stimmen Sie für eine demokratische Partei.

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