Anja Piel: Rede zu Volle Kassen – arme Menschen (Aktuelle Stunde AfD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wenn das Thema mir nicht so ernst wäre, könnte man es kurz machen: Sie beantragen eine Aktuelle Stunde zu wichtigen sozialen Fragen – und ziehen blank. Was Sie sozialpolitisch von sich geben, sind nichts als zusammengestoppelte Problembeschreibungen. Nicht im Ansatz eine konkrete politische Idee zur Lösung – nichts zur Rente, nichts zur Grundsicherung, kein Mittel gegen Kinderarmut. Eine Kampagne mit Großflächenplakaten ersetzt eben keine Konzepte.

Anrede

wer in Niedersachsen ist von Armut betroffen?

Erstens: Kinder.

Jedes siebte Kind in Niedersachsen lebt von Hartz IV. Aber es geht nicht allein ums fehlende Geld. Kinder aus armen Familien werden ausgegrenzt. Sie haben schlechtere Chancen in der Schule. Sie bekommen weniger Förderung – keine Nachhilfe zum Beispiel. Wer mit wenig Geld aufwächst, hat auch wenig Chancen auf sozialen Aufstieg.

Es ist gut und richtig, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine Kindergrundsicherung einsetzt. Das tun wir auch. Das ist auch Teil des umfassenden Konzepts gegen Kinderarmut, das Annalena Baerbock gerade vorgestellt hat.

Aber auch in Niedersachsen gibt’s genug zu tun. Eine Kindersozialberichterstattung würde uns mehr darüber sagen, wie die Situation in Niedersachsen ist – und wie sie sich entwickelt.

Und: wir brauchen konkrete Hilfe, die einfach zu bekommen ist. In meiner Heimatstadt Lübeck gibt es einen klugen Bildungsfonds. Kinder aus armen Familien bekommen Dinge wie Mittagessen, Klassenfahrten, Nachmittagsbetreuung, Musikangebote oder Arbeitsmaterialien bezahlt. Unkompliziert und unbürokratisch. Das wäre auch in Niedersachsen möglich!

Anrede,

Menschen, die in Armut leben, bleiben oft unsichtbar. Oft aber auch nicht.

Auf der Straße begegnen uns Menschen ohne Bleibe. Wohnungslosigkeit ist in einer Stadt wie Hannover ein echtes Problem. Und damit kein Missverständnis aufkommt: Ich meine: ein Problem für die Betroffenen!

Die beste Hilfe ist Vorsorge! Wenn eine oder einer erst seine Wohnung verloren hat, dann ist zu spät, dann ist er wirklich abgehängt. Unsere Hilfe muss vorher greifen. In Nordrhein-Westfalen gibt es flächendeckend Beratungsstellen, um dem Verlust der Wohnung vorzubeugen. Da gibt es auch Projekte der Wiedereingliederung ins selbstständige Wohnen. Das wollen wir für Niedersachsen auch!

Es gibt richtig gute Konzepte. „Housing First“ zum Beispiel: Erst wer ein Dach überm Kopf hat, kann die anderen Probleme in den Griff kriegen.

Anrede,

aber so platt das klingt: Gegen Wohnungslosigkeit helfen Wohnungen!

Es muss gebaut werden, und zwar nicht nur für Einkommensstarke! Das Land muss eigene, preiswerte Wohnungen bauen. Der DGB fordert eine Landeswohnbaugesellschaft – wir sind dabei!

Anrede,

wenn wir über Armut reden, dürfen wir eine Gruppe nicht vergessen – die Wanderarbeiter in der Landwirtschaft, in der Schlachtindustrie, in der Fleischverarbeitung.

Anrede,

haben Sie mal mit den Leuten von der Beratungsstelle für mobile Beschäftigte gesprochen? Die Berater da können Geschichten erzählen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Unerträgliche Arbeitsbedingungen, elende Wohnbedingungen, Knebelverträge ohne Urlaub, ohne die Chance, bei Krankheit zu Hause zu bleiben – das ist Alltag für Menschen bei uns in Niedersachsen. Das ist empörend!

Da ist viel zu tun:

  • Beratungsstellen stärken – und zwar personell!
  • Mehr Personal für die Kontrollen der Betriebe!
  • Den Missbrauch des Werkvertrags-Konstrukts stoppen.

Anrede,

Kinderarmut, Wohnungslosigkeit, die erbärmliche Situation der Wanderarbeiter – das sind nur einige der hässlichen Fälle von Abgehängtsein in Niedersachsen im 21. Jahrhundert.

Der Kern dieses Problems ist die Ungleichheit, die immer größer wird. Denn den Armen auf der einen Seite stehen Menschen gegenüber, die richtig viel Geld haben. Darum, unsere Forderung: Steuerschlupflöcher schließen. Und Vermögen besteuern. Nicht aus Neid – sondern aus Verantwortung und Gerechtigkeit.

Vielen Dank.

Zurück zum Pressearchiv