Andreas Hoffmann: Rede zur Demokratie-Verteidigung (Aktuelle Stunde GRÜNE)
TOP 5a – Aktuelle Stunde Grüne – Kein Maulkorb für Demokratie-Verteidigung - Gemeinnütziges Engagement schützen
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
Der Bundestagswahlkampf war durch eine unsachliche Migrationsdebatte vergiftet und die Rechten konnten bei den Wahlen viele Stimmen gewinnen. Am Tag Eins nach der Bundestagswahl blies die CDU/CSU-Fraktion mit einer 551 Fragen umfassenden Kleinen Anfrage zum Generalangriff gegen 17 Organisationen der Zivilgesellschaft. In der Anfrage bat die CDU/CSU detailliert um Auskunft und Bewertungen zur Arbeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die es „gewagt“ hatten, sich gegen eine Zusammenarbeit mit Demokratiefeinden zu äußern und dies auf Demonstrationen zum Ausdruck zu bringen. Ein Großteil der Fragen bezieht sich darauf, ob diese Organisationen als Empfängerinnen staatlicher Fördermittel parteipolitisch tätig geworden seien.
Die aktuellen Entwicklungen in den USA oder die Lage in Ungarn führen uns drastisch vor Augen, dass die Entpolitisierung der Zivilgesellschaft mit einer Entkernung des demokratischen Rechtsstaates einhergeht. Genau das ist auch die Strategie der Anfrage der CDU/CSU: Einschüchtern und Kleinmachen.
Dabei braucht es eine starke Zivilgesellschaft mehr denn je, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland zu erhalten. Es braucht zivilgesellschaftliches Engagement, dessen Ziele nicht zwangsläufig im Einklang mit den Parteien und anderen politischen Interessen liegen müssen. Wir stellen uns hier in Deutschland vor und an die Seite all der genannten zivilgesellschaftlichen Organisationen: Denn es gibt keine Neutralität bei der Verteidigung der Demokratie!
Zu zivilgesellschaftlichen Organisationen gehören die Omas gegen Rechts, der BUND, Correctiv oder Greenpeace. Genauso wie der Bauernverband, der staatliche Mittel erhält, oder der Bund der Steuerzahler, der im Fraktionssaal der CDU die Schuldenuhr betreibt.
Eine Zivilgesellschaft, die Parteien auch mal widerspricht, muss eine Demokratie und müssen Sie, liebe CDU, aber aushalten können, anstatt zu versuchen, ihnen einen Maulkorb zu verpassen.
Die Antwort der vergangenen Bundesregierung ist ein klares Statement für einen liberalen und demokratischen Rechtsstaat. Die Regierung weist darauf hin, dass es nicht ihre Aufgabe sei, allgemeine Informationen über die Aktivitäten und Kontakte von Organisationen zu sammeln, zu überwachen oder zu bewerten. Sie verweist sowohl auf das für sie selbst geltende parteipolitischen Neutralitätsgebot als auch darauf, dass selbstverständlich auch gemeinnützige Organisationen Träger*innen von Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit sind. Sie erinnert zudem daran, dass politische Mittel laut Urteilen des Bundesfinanzhofes erlaubt sind.
Insofern sind die Fragen und Antworten ein Lehrstück in Rechtsstaatlichkeit!
„Wir wollen unsere Demokratie stärken und schützen“, haben Sie in Ihrem Sondierungspapier notiert.
Nach dem Ende eines polarisierenden Wahlkampfs appellieren wir an alle demokratischen Parteien, zu einem sachorientierten, respektvollen Umgang mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zurückzukehren, auch wenn deren Stimme mitunter unbequem sein mag. Nur in einem Schulterschluss können wir die drängenden Zukunftsaufgaben unseres Landes meistern. Das freiwillige Engagement von fast 30 Millionen Bürgerinnen und Bürgern ist dafür unverzichtbar!
Vielen Dank.