Änderungsantrag: Öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht vom Internetzeitalter ausschließen

Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland mitgestalten

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/424

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - Drs. 16/490

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht vom Internetzeitalter ausschließen

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

  1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist auch und gerade im digitalen Zeitalter ein unverzichtbarer Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft. Er hat im Rahmen der Grundversorgung die demokratische und kulturelle Verantwortung, Programm in den Bereichen Information, Bildung und Unterhaltung anzubieten. Öffentlich-rechtliche Inhalte müssen der Öffentlichkeit so breit wie möglich zur Verfügung gestellt werden. Dem Internet kommt hierbei eine herausragende Bedeutung zu.
  2. Der Landtag deutet die "Bestands- und Entwicklungsgarantie" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die vom Bundesverfassungsgericht immer wieder betont worden ist dahin, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk neue Übertragungswege und Formate nutzen können muss. Dies bedeutet, dass das Internet zur "dritten Säule" neben Hörfunk und Fernsehen ausgestaltet werden kann. Dabei meint 3. Säule nicht nur die Nutzung des technischen Übertragungsweges sondern auch die Entwicklung eines Internet geeigneten Angebots. Stellt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Anforderungen der Digitalisierung nicht, wird er jüngere Zielgruppen nicht erreichen können.
  3. Der Landtag spricht sich für die Umsetzung des Brüsseler Kompromisses aus, nach dem neue Online-Angebote im Rahmen eines 3-Stufen-Tests durch die jeweiligen Rundfunkgremien genehmigt werden müssen. Eine Ausweitung der Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und der EU sieht er als nicht geboten an.
  4. Der Landtag sieht jedoch die Notwendigkeit, die Gremien bei der Erfüllung ihrer neuen Aufgaben zu stärken. Sie sollen berechtigt sein, wissenschaftliche Expertisen und Gutachten in Auftrag zu geben oder besondere Sachverständige hinzuzuziehen. Das schließt Auftragsforschung ein, die an externe Institute vergeben werden kann. Den Mitgliedern aller Rundfunkgremien sollen darüber hinaus stärker Fortbildungsveranstaltungen ermöglicht werden, damit sie befähigt werden, ihrer neuen Verantwortung im Rahmen des 3-Stufen-Tests gerecht zu werden.
  5. Die Vorgaben des vorliegenden 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags gehen über den "Brüsseler Kompromiss" hinaus. Die durch die sogenannte 7-Tage-Frist, die Negativliste und die Einschränkungen bei presseähnlichen Angeboten eingefügten gesetzlichen Restriktionen verwässern den 3-Stufen-Test.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich bei der Abstimmung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag dafür einzusetzen, dass:

  1. es keine über die Zusagen der Bundesrepublik, die zur Einstellung des EU-Beihilfeverfahrens geführt haben, hinausgehenden im Staatsvertrag verankerten Einschränkungen für die Online-Entwicklungsfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt,
  2. die 24-Stunden- sowie die 7-Tage-Befristung für Sendungen und sendungsbezogene Angebote aufgehoben wird,
  3. die Unzulässigkeit nicht sendungsbezogener presseähnlicher Angebote aufgehoben wird,
  4. der 3-Stufen-Test durch die Gremien nur bei neuen oder veränderten Angeboten durchgeführt wird und es nicht zu einer Prüfung des gesamten Online-Bestands kommt.

Begründung

Im sogenannten Brüsseler Kompromiss, der zur Einstellung des Beihilfeverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland führte und der im aktuellen Staatsvertrag umgesetzt werden soll,hat die Bundesrepublik zugesagt, neue Online-Angebote im Rahmen eines 3-Stufen-Tests durch die jeweiligen Rundfunkgremien genehmigen zu lassen. Hierbei soll geprüft werden ob das Angebot dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entspricht und ob es in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt (dies impliziert eine ökonomische Prüfung der marktrelevanten Auswirkungen und die Einbeziehung der  Nutzersicht, da gefragt werden muss, inwieweit diese die bereits bestehenden Angebote der Öffentlich-Rechtlichen für austauschbar halten). Im dritten Schritt folgt dann noch eine Prüfung des finanziellen Aufwands. Es besteht keine Notwendigkeit, auch bereits bestehende Angebote in dieses Verfahren einzubeziehen.

Der Kompromiss verlangt außerdem lediglich eine Vorab-Einschränkung in Form einer Negativliste, die E-Commerce, Sponsoring und Werbung im Internet und eine flächendeckende lokale Berichterstattung vorsieht. Inhaltliche Vorgaben wie ein Verzicht auf Verbraucherhinweise oder ähnliches sind nicht vorgesehen.

Die gesellschaftliche Kontrolle der Rundfunkprogramme durch die Rundfunkgremien ist ein Grundprinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Rundfunkräte entscheiden über die Grundsätze des Programms und achten auf deren Einhaltung. Der "Brüsseler Kompromiss" stärkt dieses Prinzip und sollte nicht durch zusätzliche Einschränkungen unterlaufen werden.

Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht in seiner jetzigen Fassung vor, dass Sportereignisse wie Fußballbundesligaspiele lediglich 24 Stunden und andere Sendungen und sendungsbezogene Angebote lediglich 7 Tage online auffindbar sein werden. Dann müssen sie aus dem Netz genommen werden. Der Landtag sieht hierin keine verbraucherfreundliche Regelung, die den Gebührenzahlerinnen und –zahlern gerecht wird. Die unklare Definition "Sendungsbezug" wird zudem zu unzähligen langwierigen Entscheidungen und Gerichtsverfahren führen.

Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht des Weiteren ein Verbot presseähnlicher Angebote im Internet vor. Dabei gilt als presseähnlich, was wie Zeitungen und Zeitschriften gestaltet ist.  Allerdings bestehen Internetangebote klassischerweise aus Text, Bild und interaktiven Nutzungsmöglichkeiten. Auch Zeitungen und Zeitschriften bieten solcherart gestaltete Inhalte bereits an oder werden sie anbieten. Wenn dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber genau diese Art Angebot verboten sein soll, unterliegt er neben der umfangreichen Negativliste einer weiteren unnötigen Einschränkung, die ihm jegliche Entwicklung im Internet und die notwendige Gewinnung junger Zielgruppen per se unmöglich macht.

Parlamentarische Geschäftsführerin

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