Änderungsantrag: Nachtragshaushalt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung - Niedersachsens Zukunft in schwierigen Zeiten sichern

(zu Drs. 16/865)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/865

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/917

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Das Konjunkturpaket II der Bundesregierung hat eine soziale und ökologische Schieflage. Diese Schieflage darf in Niedersachsen nicht noch verstärkt werden. Die Identifikation zukunftsgerichteter Investitionen ist bislang auf Bundes- und auf Landesebene nicht konsequent genug verfolgt worden. In der aktuellen Krise muss es mittel- und langfristig darum gehen, durch die Politik Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Wiederholung der Krise verhindern. Kurzfristig muss der Staat seinen Beitrag leisten, um die Auswirkungen der Krise auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Gesellschaft insgesamt abzufedern.

Konjunkturprogramme, die die bisherigen Strukturen betonieren, können zwar kurzfristige Effekte erzielen. Wir stehen aber in der verschärften globalen Wettbewerbslage vor der Aufgabe, das Land sozial und ökologisch zu modernisieren, Kostenbelastungen zu senken und langfristige Chancen zu eröffnen. Die rund 920 Mio. Euro Bundesmittel, die Kofinanzierungsanteile von Land und Kommunen in Höhe von 307 Mio. Euro und die Aufstockungsmittel in Höhe von rd. 163 Mio. Euro müssen unter diesen Gesichtspunkten in Niedersachsen eingesetzt werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf:

1. Die gesamten Mittel in Höhe von rund 1,4 Mrd. Euro werden verwendet für schnell wirkende Investitionen in nachhaltige Wirtschaftsförderung bei Maßnahmen im Bereich Klimaschutz, und dort insbesondere in den Bereichen Bildungs- und soziale Infrastruktur.

Priorität haben dabei Zukunftsprojekte,

  • die neue Energietechnologie und Energieeffizienz nach vorn bringen,
  • die die Abhängigkeit von fossilen Energien mindern,
  • die Energie- und Betriebskosten senken und Investitionen Dritter befördern.

2. Die Aufteilung der Mittel soll in Abweichung vom vorgelegten Konzept der Landesregierung mit den genannten Kriterien als zwingende Vorgabe wie folgt gestaltet werden:

  • 800 Mio. Euro als pauschale Zuwendung an die Kommunen,
  • 590 Mio. Euro für Landesmaßnahmen, davon
  • 192 Mio. für Investitionen in Hochschulen und

  • 398 Mio. für ein Energiewendeprogramm Niedersachsen (Sofortmaßnahmen)

Begründung

Mit dem Konjunkturpaket II droht eine deutlich erhöhte Staatsverschuldung, die den Staat in einer anhaltenden wirtschaftlichen Krisensituation überfordern könnte. Schon jetzt zeigt sich, dass viel zu zögerliche Schritte bei der Regulierung der Finanzmärkte krisenverschärfend wirken. Völlig unkontrollierte Ratingagenturen setzen einzelne Volkswirtschaften unter Druck. Auch in der Eurozone wird die Zinsspreizung immer breiter. In Großbritannien wird bereits über einen Staatsbankrott spekuliert. In dieser Situation dürfen keine Wunschzettel aus besseren Zeiten abgearbeitet werden. Vielmehr muss sich die ganze Kraft auf Investitionen richten, die Energiekosten senken, die künftige Wettbewerbsfähigkeit verbessern und Zukunftsprodukte stützen.

Eine Volkswirtschaft, die sich von billigen fossilen Kraftstoffen abhängig gemacht hat, ist verwundbar. Deshalb muss die Finanzkrise auch als Chance zum radikalen Umbau der Energieversorgung auf Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen genutzt werden.

Mit dem Kofinanzierungsanteil des Landes stehen in Niedersachsen für 2009 und 2010 insgesamt 1,227 Mrd. Euro zur Verfügung (plus ca. 163 Mio. Euro Auftstockungsprogramm), um in den notwendigen Wandel, in nachhaltige Wirtschaftszweige sowie in zukunftsfähige Forschung zu investieren. In dieser Situation darf es keine Geldgeschenke für Schubladenprojekte geben. Die bisherigen Vorgaben des Bundes mit einer Negativliste und mit den Kriterien "zusätzlich, nachhaltig, neu und schnell umsetzbar" für Projekte sind zu wenig zielgerichtet. Die Landesregierung will darüber hinaus keine eigenen Kriterien für die Vergabe der Mittel entwickeln. Damit verpasst sie einmal mehr die Chance, für die geplanten Investitionen klare inhaltliche Maßstäbe für eine hohe Energieeffizienz zu setzen, die Möglichkeit zur Mobilisierung von Drittmitteln zu fördern und die Refinanzierung durch eingesparte Verbrauchs- und Unterhaltungskosten sicherzustellen. Die Landesregierung plant im Gegenteil sogar, Projekte zu fördern, die zu besseren Zeiten zwar wünschenswert sein könnten, in der aktuellen Krise aber eher den Eindruck vermitteln, dass hier Wahlkampf betrieben werden soll. Daher sollen für den gesamten Programmumfang einschließlich der pauschalen Zuweisungen an die Kommunen die beschriebenen Prioritätskriterien gelten.

Der vorliegende Vorschlag der Landesregierung für die Mittelverteilung soll deshalb (bezogen auf die Bruttobeträge, d.h. einschl. Kofinanzierungsanteile) wie folgt verändert werden:

Die pauschalen Zuweisungen an die Kommunen werden von 600 Mio. auf 800 Mio. Euro erhöht. Dazu werden die nach Förderschwerpunkten zu vergebenden Mittel für die Schulinfrastruktur in Höhe von 200 Mio. Euro dem bisherigen Betrag zugeschlagen. Die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Kommunen erfolgt wie von der Landesregierung vorgeschlagen. Das gilt auch für die nach Steuerkraft differenzierten Kofinanzierungsanteile. Damit verbessern sich die kommunalen Handlungsmöglichkeiten. Gleichzeitig wird die Umsetzung mit klaren Zielvorgaben auf höchste Effizienz getrimmt, insbesondere zur Absenkung zukünftiger Betriebskosten, z. B. durch Fassadendämmung, neue Fenster, Keller- und Dachdämmung, Nahwärmenetze, neue Heizungen oder Energie sparende Geräte und Fahrzeuge.

Der verbleibende Betrag wird vom Land vergeben, was die Förderung kommunaler Projekte nicht ausschließt. Im Sinne der Chancengleichheit sollten auch in diesen Fällen die individuellen Kofinanzierungssätze gelten.

Es bleibt bei dem vorgesehenen Budget für Investitionen in Hochschulen in Höhe von 192 Mio. Euro.

Die verbleibenden Beträge (rd. 398 Mio. Euro) aus den Zuweisungen nach Förderschwerpunkten, aus den Landesmaßnahmen und dem Aufstockungsprogramm werden für Sofortmaßnahmen eines  Energiewendeprogramms Niedersachsen eingesetzt. Ziel dieses Programms ist es u.a.

  • die Umsetzung von kurzfristigen energieeffizienten Maßnahmen (Dämmung, Heizung, Warmwasser) bei den Landesliegenschaften sowie für verbesserte Information und Werbung für Maßnahmen im häuslichen und industriellen Bereich zu fördern.
  • regionale Pilotprojekte zur Integration verschiedener dezentraler Erzeugungstechnologien (Virtuelle Kraftwerke) zu fördern,
  • die Einführung intelligenter Stromzähler (sog. Smart Meter) zu forcieren,
  • Anreize zum Ersatz von älteren Geräten durch neue energieeffiziente Produkte zu geben,
  • die anstehenden Investitionen großer Erneuerbarer-Energien-Projekte (z.B. Wind-Offshore) zu sichern,
  • Maßnahmen zur kurzfristigen Ertüchtigung des Schienennetzes, insbesondere der nichtbundeseigenen Eisenbahnen zu fördern,
  • die Umsetzung dezentraler innovativer Technologien (Brennstoffzelle, Mikroturbine, Biogas- u. Gas-BHKW) auf Haushalts- bzw. Wohnblock-Ebene zu fördern (1000-Keller-Programm),
  • neue Speichertechnologien für Erneuerbare Energien zu entwickeln und insbesondere ein Pilotprojekt für die Vernetzung von Fahrzeugbatterien, Elektrofahrzeugen und Windstromversorgung zu initiieren,

Diese Maßnahmen liefern neben einer kurzfristigen Konjunkturstimulation außerdem die Basis für zukunftsorientierte Wertschöpfung und die Möglichkeit, aus der Krise gestärkt hervorzugehen.

Stefan Wenzel

Fraktionsvorsitzender

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