Abschaffung der Lernmittelfreiheit belastet Familien ? innovative Lernmittel fördern

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Anrede,
es wäre wirklich schön, wenn an unseren Schulen Familien mit Kindern alle Lehr- und Lernmittel kostenlos gestellt bekommen könnten, wie man es fast aus dem Antrag der SPD vermuten könnte.
Tatsächlich aber ist dem auch heute nicht so.
Der größte Teil der Schulbücher wird momentan von den Schulen angeschafft und dann 7, 8 oder sogar mehr Jahre lang an die Schülerinnen und Schüler ausgeliehen. Dementsprechend aktuell sind die Bücher und so sehen sie häufig auch aus.
Atlanten, Nachschlagewerke, Rechner, Arbeitshefte und alle anderen Arbeitsmaterialien incl. Kopierkosten müssen ohnehin selbst bezahlt werden.
Es ist richtig: Kinder zu haben darf nicht zu immer mehr Belastungen für die Familien führen. Deshalb darf eine Abschaffung der Lernmittelfreiheit auch nicht diejenigen treffen, die nicht über die nötigen finanziellen Ressourcen verfügen.
Aber wir wissen doch auch, mit welchen Nachteilen das System der Schulbuchausleihe verbunden ist.
Wenn einem die Bücher nicht gehören, darf man nichts hineinschreiben, nichts unterstreichen, nichts markieren. Man kann später nichts mehr nachschlagen, weil das Buch schon wieder abgegeben wurde.

Anrede,
Wenn Schülerinnen und Schüler aktiv und selbständig mit Lernmaterial und Arbeitstechniken umgehen sollen, muss ihnen dies auch möglich sein,
indem ihnen die Bücher gehören.
Daran geht kein Weg vorbei.
Und wenn wir das auf Grund der jedem bekannten Haushaltslage nicht für alle finanzieren können,
dann müssen sinnvolle, praktikable Lösungen gefunden werden.
Lösungen, die sicherstellen, dass diejenigen, die Unterstützung brauchen, auch weiterhin unbürokratisch ihre Lernmittel bekommen, ohne stigmatisiert zu werden, und die anderen müssen selbst zahlen.
Es ist doch merkwürdig, wenn sich ausgerechnet Sozialdemokraten dafür einsetzen, dass auch Wohlhabende in den Genuss staatlicher Unterstützung kommen müssen.
Bildung ist ein wichtiges Gut, denn Bildung entscheidet über die Chancen der Teilhabe an der Gesellschaft.
Bildung und das, was dazu gehört –
und das sind auch Lernmittel –
muss eine viel höhere Wertschätzung erfahren.
Zugleich dürfen wir niemanden vom Zugang zu bestmöglicher Bildung ausschließen.
Deshalb plädieren wir eine für sozial differenzierte Lernmittelhilfe, die einkommensschwache Familien mit mehreren Kindern entlastet.
Es wäre aber auch angebracht zu überprüfen, ob es eigentlich noch zeitgemäß ist, dass kiloschwere Schulbücher, wahre Kompendien, die Taschen und Rucksäcke unserer Schülerinnen und Schüler füllen und noch mehr Fehlhaltungen begünstigen,
im Unterricht aber kaum zum Einsatz kommen.
Ich könnte mir auch vorstellen, vermehrt Materialsammlungen, Schulbücher in Broschürenform für Projekte und nur für je ein Schuljahr zu entwickeln und einzusetzen. Das hätte den Vorteil, kostengünstiger zu sein, aktueller, motivierender und attraktiver – und weniger gewichtig.
Anrede,
der Haushalt wird in vielen Bereichen an radikalen Sparmaßnahmen nicht vorbei kommen – alles andere wäre unverantwortlich- und da werden wir alle gewichten müssen.
Es bleibt aber sehr genau zu prüfen, welche echten Einspareffekte mit welchem Modell erzielt werden,
und welche Mittel an welcher Stelle unverzichtbar sind.
Wichtiger noch, gerade auf Grund der Ergebnisse von PISA, als kostenlos ausgeliehene Schulbücher für alle, mit denen man nicht richtig arbeiten kann, weil sie einem nicht gehören, ist uns z. B. der Erhalt von Fördermaßnahmen wie der Hausaufgabenhilfe für ausgesiedelte und ausländische Kinder. Sie kommt tatsächlich den Schülerinnen und Schülern zugute, die dringend Unterstützung brauchen und keinen privaten Unterricht zahlen können.
Anrede,
ich denke über die Lernmittelfreiheit müssen wir alle noch einmal sehr konstruktiv nachdenken, um wirklich nachhaltige Lösungen und effektive Modelle zu entwickeln.

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