Rede Miriram Staudte: Entwurf eines Gesetzes zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre

Landtagssitzung am 08.05.2012

Miriam Staudte, MdL

Anrede,

nach jeder Wahl bedauern alle Politiker und Kommentatoren mantrahaft die geringe Wahlbeteiligung. Gleichzeitig werden relevante Bevölkerungsgruppen pauschal von Wahlen ausgeschlossen. Die einen sollen, obwohl sie nicht wollen, die anderen wollen, dürfen aber nicht. Das ist paradox, das ist unglaubwürdig.
Wahlalter 18 ist eine systematische Unterschätzung der Fähigkeiten von Jugendlichen und Missachtung ihrer Meinung.

Gerade in der Schulpolitik -DER Landesaufgabe- haben SchülerInnen eine Meinung. In dieser Wahlperiode standen schließlich 2500 Schülerinnen und Schüler vor dem Landtag und haben demonstriert. Ein Beweis für Meinungsfähigkeit.

Ich hab mir einmal rausgesucht, was so in der 10. Klasse - wenn man 16 ist - laut Lehrplan von Jugendlichen erwartet wird:

Es heißt dort (Zitat): "Schüler unterscheiden verschiedene Textsorten und suchen ihre jeweilige Intention, Funktion und Wirkung: Nachricht, Kommentar, politische Rede, Gesetz, Vertrag. Berücksichtigen rhetorische Mittel.... und ziehen begründet Schlussfolgerungen."

Und da trauen wir 16- und 17-Jährigen nicht zu, Kreuzchen zu machen?

Und überhaupt: Es gibt nur aus parteipolitischer Sicht ein Richtig und Falsch beim Urnengang.
Mit 14 wird man strafmündig, mit 14 erlangt man die volle Religionsmündigkeit, mit 14 kann man Mitglied in Parteien werden und dort sogar dort Ämter übernehmen.
Wahlalter 16 gibt das Recht zur Wahl, es ist keine Wahlpflicht. Niemand wird zur Wahl gezwungen, aber wer sein Recht in Anspruch nehmen will, der soll es auch dürfen.

Der renommierte Jugendforscher Prof. Klaus Hurrelmann, der die Shell-Studie zur Situation der Jugend in Deutschland geleitet hat, bestätigt, dass schon etwa ab 12 Jahren "eine grundsätzliche soziale und moralische Urteilsfähigkeit gegeben ist, so das von diesem Alter an, das Treffen politischer Urteile – auch die Teilnahme an Wahlen- möglich ist." Er sagte in der Süddeutschen Zeitung zu unserer Forderung "Wahlalter 14" abzusenken: "Endlich traut sich mal jemand."

Wir wollen die Distanz, die junge Menschen zur Politik haben, verringern.
Man darf in Demokratien wählen unabhängig von der individuellen Befähigung.
Heute darf man bei niedersächsischen Landtagswahlen ab 18 wählen, bei Kommunalwahlen ab 16 Jahren. Das ist Quatsch.

Wir wollen diejenigen, die von heutigen  Entscheidungen am langfristigsten betroffen sind, besser beteiligen.
Wir wollen, dass die erste Wahl immer in die Schulzeit fällt. Lehrerinnen und Lehrer haben dann die Möglichkeit dies als Anlass zu nehmen, um Wahlinhalte in den Unterricht zu integrieren. Nur mit der Absenkung des Wahlalters wird ein echter Praxisbezug erreicht. Die Juniorwahl, die parallel zur letzten Landtagswahl an vielen Schulen durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass Jugendliche ihre Wahlentscheidung sehr ernst. Schon heute arbeiten Schüler im Unterricht Wahlprogramme durch, das bedeutet doch, die Lehrerinnen und Lehrer haben den Eindruck, sie wären in der Lage die Wahlprogramme zu verstehen:

Warum also sollten sie dann nicht auch wählen dürfen?
Das ist doch nicht rational begründbar!
Beurteilen Sie dieses Thema nicht aus dem Bauch heraus.
Setzen Sie sich ernsthaft mit der Forderung "Wahlalter 16" auseinander.
Wahlalter 18 wird abgeschafft werden- wenn nicht in dieser, dann in der nächsten Wahlperiode.

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