Rede Anja Piel: Antrag (SPD/CDU) - Kinderrechte in das Grundgesetz aufnehmen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

schon an der kurzen Dauer des Beratungsverlaufes zu diesem Antrag können Sie erkennen, dass über die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz große Einigkeit hier im Hause herrscht.

Uns allen ist klar: Kinder haben eigene unveräußerliche Rechte, die über die allgemeinen Menschenrechte hinausgehen. Diese Rechte müssen Verfassungsrang erhalten. Immer noch leiden Kinder im reichen Deutschland unter bitterer Armut. Trotz aller guten Weichenstellungen der letzten Jahre haben immer noch nicht alle Kinder die gleichen Chancen, in der Schule und später im Beruf erfolgreich zu sein. Und immer noch werden Kinder vernachlässigt und geschlagen.

Da ist es ein ausgesprochen wichtiges Signal, ihre Rechte im Grundgesetz festzuschreiben. Wir Grüne fordern das schon lange und stimmen dem Antrag von SPD und CDU daher gerne zu.

Anrede,

gestatten Sie mir dennoch zwei Anmerkungen:

Dadurch, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden, ist der Rechtsanspruch von Kindern aber noch lange nicht gewährleistet - es kommt eben nicht nur darauf an, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden, sondern wie sie dort geregelt werden.

Konkrete Vorstellungen darüber lässt der Antrag leider noch vermissen. Und der Unterrichtung im Sozialausschuss war zu entnehmen, dass es dazu ja durchaus unterschiedliche Ansichten im Bund gibt.

Uns ist wichtig, dass dem Kindeswohl Vorrang eingeräumt wird.

Und dass Kinder und Jugendliche zukünftig das Recht auf Beteiligung haben. Kinder und Jugendliche müssen auf allen Ebenen gehört und mit ihren Ansprüchen berücksichtig werden – beispielsweise beim Bau von Kinder- und Jugendeinrichtungen, bei Gerichtsentscheidungen oder auch beim Wahlrecht. Hat das Kindeswohl qua Verfassung Vorrang, ist es höher zu bewerten, als andere Rechte und Interessen. Das fordern wir!

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss sich auch im Handeln von Landes- und Bundesregierung wiederspiegeln.

Was nicht geht, meine Damen und Herren, ist: auf der einen Seite mehr Kinderrechte fordern und auf der anderen Seite gegen den Familiennachzug, gegen eine Absenkung des Wahlalters oder gegen eine Kindergrundsicherung sein! Bei aller Wertschätzung für Ihren Antrag: lassen Sie Ihn bitte nicht zu einem bloßen Lippenbekenntnis verkommen.

Das gilt im Übrigen auch für unsere Landesverfassung. Wir haben die Kinderrechte zwar 2009 interfraktionell aufgenommen, aber der Vorrang des Kindeswohls und das Recht auf Beteiligung fehlen auch hier. Kinder und Jugendliche verdienen mehr.

Zweitens: Auch die Große Koalition im Bund hat in ihrem Koalitionsvertrag die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz angekündigt. Zweifellos ist es richtig, eine gute Idee in Berlin auch mal aus den Ländern zu flankieren. Aber ich hoffe auch, dass es hier nicht zur Routine wird, dass wir Dinge von der Bundesregierung einfordern, die in Berlin auch ganz ohne unser Zutun bereits laufen. Dafür haben wir selbst genug zu tun.

Vielen Dank.

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