Pressemeldung Nr. 244 vom

"Polizeilicher Umgang mit kritischen Medien"

"In einer Presseerklärung vom 03. Juni 2000 erklärt die Polizeidirektion Hannover unter der Überschrift: "Radio Flora verbreitet Falschmeldung" u. a.: "....Die über den Radiosender Flora veröffentlich...

"In einer Presseerklärung vom 03. Juni 2000 erklärt die Polizeidirektion Hannover unter der Überschrift: "Radio Flora verbreitet Falschmeldung" u. a.: "....Die über den Radiosender Flora veröffentlichte Meldung wird als offensichtlich letzte Möglichkeit gewertet, überhaupt mögliche EXPO-Gegner zu mobilisieren. Diese bewusst falsche Medienberichterstattung wird seitens der Polizeiführung nicht weiter toleriert. Sollten die Verantwortlichen des Senders weiterhin Falschmeldungen senden, wird gegebenenfalls polizeilich gegen den Sender vorgegangen." (Polizeipresseinformation Nr. 1,13.57 Uhr).
Am selben Tag besuchten zwei uniformierte Polizeibeamte den Sender, verlangten die Herausgabe von Tonbändern, auf denen die inkriminierten Sendungen gespeichert sind, und haben diese noch vor Ort abgehört. Aufgrund der zuvor erfolgten Androhung polizeilichen Vorgehens sahen sich die Flora-Mitarbeiter genötigt, die Bänder den Polizeibeamten zu überlassen.
Am 05.August 2000 wurde ein Redakteur von Radio Flora in Wahrnehmung seiner berichterstatterischen Aufgaben im Rahmen der sogenannten "Chaostage" in der Schaufelder Straße von der Polizei in Gewahrsam genommen. Die Ingewahrsamnahme erfolgte trotz Vorlage eines von der IG Medien ausgestellten offiziellen Presseausweises. Obwohl der Journalist im Polizeigewahrsam erneut seinen Presseausweis vorwies und und darauf hinwies, dass er sich in der Schaufelder Str. als Redakteur von Radio Flora aufgehalten hatte, wurde er erst am 06.08.2000 gegen 11.30 Uhr aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Die Beamten machten durch Äußerungen deutlich, dass sie sehr wohl wüssten, welche Redakteure bei Radio Flora mit welchen Inhalten über die Polizei berichten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung dieses massive Vorgehen der hannoverschen Polizei gegen einen Radiosender und gegen einen Rundfunkjournalisten?
2. Sieht die Landesregierung durch diese gewaltsame Behinderung der Berichterstattung, durch die Androhung polizeilicher Maßnahmen gegen den Sender und durch die eigenmächtige polizeiliche Herausgabeforderung bezüglich des Sendematerials das Grundrecht auf Pressefreiheit tangiert oder verletzt?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die Polizeidirektion Hannover in Zusammenhang mit einer kritischen Berichterstattung über konkrete Polizeieinsätze Sanktionen androht und offensichtlich auch in eigener Sache vollzieht?
4. Welche konkreten polizeilichen Mittel kommen in Frage, um polizeilich gegen Radio Flora vorzugehen, wenn der Polizeidirektion Hannover die Berichterstattung nicht genehm ist?
5. Was ist eine "Falschmeldung" im polizeilichen Sinne und auf welcher Rechtsgrundlage basiert das angedrohte “polizeiliche Vorgehen”?
6. Welche Sanktionsmassnahmen sieht das Landesrunkfunkgesetz im Falle von Pflichtverletzungen durch Radiosender vor und wo liegen die Zuständigkeiten für die Anordnung solcher Maßnahmen?
7. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Kenntnisse der Polizeidirektion Hannover über Pressefreiheit und Landesrundfunkgesetz insoweit ausreichend sind und denkt sie gegebenfalls über das Angebot einer Fortbildung nach?"

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