Statement:Grüne: Vorschläge für neues Verfassungsschutzgesetz sind eine Rolle rückwärts zu fragwürdigen Instrumenten – Parlamentarische Kontrolle wird völlig ausgeblendet

„Was der Innenminister heute vorgelegt hat, ist leider eine Rolle rückwärts.“

Zu den geplanten Änderungen beim Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz erklärt Helge Limburg, parl. Geschäftsführer und Sprecher für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes:

„Was der Innenminister heute vorgelegt hat, ist leider eine Rolle rückwärts. Mit der geplanten Ausweitung des Einsatzes von V-Leuten und der erleichterten Beobachtung von Minderjährigen setzt die Große Koalition in Niedersachsen ihren unsäglichen Kurs fort, immer tiefer in Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen. Das Muster aus der Novellierung des Polizeigesetzes wiederholt sich leider.

Erst vor wenigen Jahren wurde der Einsatz von V-Leuten, also von bezahlten Verfassungsfeinden, von denen sich der Staat Informationen erhofft, in Niedersachsen gesetzlich deutlich eingeschränkt. Das war vor allem auch eine Lehre aus dem Staatsversagen rund um die rechte Terrorgruppe NSU, die mindestens 10 Morde verüben konnte, ohne dass auch nur einer der zahlreichen in ihrem Umfeld agierenden V-Leute entscheidende Informationen über sie weiter gegeben hätte. Im Gegenteil, V-Mann-Honorare aus Steuergeldern wurden zum Aufbau rechtsextremer Strukturen in Thüringen verwendet. Den Einsatz jetzt wieder zu vereinfachen ist angesichts dieser Gefahren und des zweifelhaften Nutzens unverantwortlich.

Minderjährige im Alter von 14 Jahren mit verfassungsfeindlichen Ansichten sollten in erster Linie ein Fall für die Jugendhilfe sein, nicht für den Verfassungsschutz. Die Pläne der Landesregierung bergen vielmehr die Gefahr frühzeitiger Stigmatisierung von Jugendlichen anstatt der Radikalisierung entgegenzuwirken.

Wir haben im Bereich von Verfassungsfeinden kein Erkenntnis- sondern ein Vollzugsdefizit. Beispiele dafür sind das Ausstellen eines Waffenscheins an den Mittäter im Mordfall Walter Lübcke oder das von der Großen Koalition in Niedersachsen praktizierte Verfahren, Jägerinnen und Jäger selbst zu befragen, ob sie Verfassungsfeinde sind, anstatt entsprechende Daten auszutauschen. Hier sollte der Innenminister dringend nachsteuern, anstatt mit gesetzgeberischem Aktionismus Ablenkungsmanöver zu starten. Dafür braucht es diese Gesetzesnovelle nicht.

Gleichzeitig fehlt es an der notwendigen Ausweitung einer demokratischen Kontrolle durch das Parlament. Beispielhaft ist hier Sachsen-Anhalt, das in der kommenden Woche im Landtag einen besseren Austausch der parlamentarischen Kontrolle ermöglichen wird. Die GroKo in Niedersachsen sollte sich daran ein Beispiel nehmen.“

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