Pressemeldung Nr. 16 vom

Corona-Virus:Grüne: Parlament in Maßnahmen gegen Corona-Krise schnell enger einbinden – Schon jetzt über die akute Krise hinausdenken

„Wir erleben angesichts der Corona-Krise die härtesten Einschnitte in den Alltag und haben sehr große Herausforderungen zu bewältigen.“

Darum geht’s

Die Grünen-Fraktion hat am Dienstag (17. März) anhand eines Grundsatzpapiers ausführlich über akute Corona-Krise beraten und ihre Grundpositionen beschlossen.

Das sagen die Grünen

Julia Willie Hamburg, Fraktionsvorsitzende

„Wir erleben angesichts der Corona-Krise die härtesten Einschnitte in den Alltag und haben sehr große Herausforderungen zu bewältigen. Und inmitten dieser Krise heißt es gerade für die Politik, souverän und klar zu bleiben, notwendige Maßnahmen konsequent durchzuziehen und gleichzeitig bereits jetzt mit in den Blick zu nehmen, wie es nach dem Quasi-Stillstand des öffentlichen Lebens wieder weitergeht. Die Landesregierung hat in der vergangenen Woche mehrfach gezaudert.

Die Landesregierung muss konzeptionell schneller vorarbeiten. Sie muss klar kommunizieren, was zu erwarten ist und wie Politik damit umgeht. Und sie muss dabei das Parlament einbinden, auch die Opposition. Eine Arroganz der großen Mehrheit, wie wir sie in den vergangenen zweieinhalb Jahre zur Genüge erlebt haben, ist gerade jetzt völlig fehl am Platz. Wir reichen der Regierung und den sie tragenden Fraktionen jedenfalls die Hand, um gemeinsam durch diese Krise zu gehen.

Das Eine ist jetzt die Krisenbewältigung. Das Andere ist, schon jetzt über die akute Krise hinauszudenken. Wir wissen alle: Wir stehen vor wirklich großen Herausforderungen – in Europa, im Bund und eben auch in Niedersachsen. Das sind die Klimakrise, die wachsende soziale Spaltung, der Rassismus und die Angriffe von rechts auf unsere Demokratie. Diese Aufgaben müssen wir nicht nur im Blick behalten. Im Gegenteil: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen sie jetzt ganz bewusst mit angehen.

Klug agieren heißt, jetzt auch an die Zeit nach dieser akuten Krise zu denken. Klug agieren heißt, jetzt die Betroffenen nicht allein zu lassen, schnell zu handeln und zu helfen und parallel länger wirkenden Programme auf den Weg zu bringen. Denn Niedersachsen steht finanziell gut da. Deshalb muss der angekündigte Nachtragshaushalt ein klares Signal an Niedersachsen aussenden, wie es nach der Corona-Krise weitergeht.“

Kernforderungen der Grünen-Fraktion zur Corona-Krise

  • Eine konsequente Beteiligung des Parlamentes – Corona-Ausschuss schaffen.  Gerade in Krisenzeiten müssen Regierung und Landtag eng zusammenarbeiten. Dazu gehört nicht nur der Beschluss eines Nachtragshaushaltes. Das Parlament als Kontrollorgan der Regierung muss eng einbezogen sein. Wir fordern deshalb, einen bestehenden Ausschuss bis auf weiteres als Corona-Ausschuss zu nutzen. Dieser soll die gravierenden Entscheidungen in den kommenden Wochen eng begleiten. Dort steht die Landesregierung auch kontinuierlich Rede und Antwort. Wir schlagen dafür den Ältestenrat des Landtages vor. Dieser ist in der Landesverfassung in Art. 44 ausdrücklich auch als Ausschuss in Notlagen vorgesehen. Er sollte in der akuten Situation mehrmals wöchentlich und dies entgegen der sonstigen Praxis öffentlich tagen. Die Öffentlichkeit sollte auch über digitale Lösungen hergestellt werden. Einen entsprechenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Ältestenrates stellt die Grünen-Fraktion am (heutigen) Dienstag.
  • Zulage für Pflegekräfte und medizinisches Personal. Pflegekräfte und medizinisches Personal arbeiten mit großem Einsatz, oft in Doppelschichten und hoher persönlicher Belastung. Sie erhalten damit das Gesundheitssystem aufrecht. Wir schlagen deshalb zur Anerkennung eine Zulage vor.
  • Arbeitsplatzsicherheit großschreiben. Wenn wir den öffentlichen Raum und die Freizeitaktivitäten sowie den Besuch von Gottesdiensten einschränken und aussetzen, um Infektionsketten zu verhindern und die Infektionskurve zu senken, dann sind diese massiven Eingriffe zum Schutz von Leben notwendig. Ebenso zwingend ist es, dass Bund und Länder überall dort Schutzmaßnahmen sicherstellen, wo weitergearbeitet wird. Auch wenn viele Betriebe bereits weitreichende Vorkehrungen treffen, sollte es für alle Bereiche und ihre Beschäftigten behördliche Maßgaben oder Leitlinien für die Sicherstellung von Gesundheitsschutz und Infektionsschutz am Arbeitsplatz geben. Wer Infektionsketten durchbrechen will, muss auch in der Arbeitswelt konsequent handeln.
  • Kapazitäten für Corona-Tests erhöhen. Um den Schutz der Bevölkerung zu erhöhen und zugleich schneller Quarantäne-Maßnahmen zu treffen, ist es nötig die Kapazitäten für Corona-Tests zu erhöhen.
  • Abschiebungen aussetzen. Um Infektionsketten konsequent zu unterbinden, ist es notwendig, Abschiebungen auszusetzen. Zum einen ist der Rechtsschutz in der aktuellen Situation nicht gewährleistet. Zum anderen dürfen Infektionsrisiken nicht per Abschiebung in andere Länder, meist mit schlechterer Gesundheitsversorgung exportiert werden.
  • Soziale Härten lindern. Ein Shutdown hat auf viele Menschen erhebliche Auswirkungen: zum Beispiel auf Menschen, die an Depressionen leiden, Eltern, die um ihren Arbeitsplatz bangen und Menschen, im Altenheim, die keinerlei Kontakte haben. Hier muss Politik frühzeitig mögliche Hilfen auf den Weg bringen, gemeinsam mit den Kommunen. Das gilt auch für Menschen, die Sozialleistungen nach Hartz IV bekommen. Wir Grünen schlagen vor, dass sich das Land für eine bundeseinheitliche Anhebung der Regelsätze um 20 Prozent einsetzt. Diesen Menschen entstehen bereits höhere Kosten für ihren Lebensunterhalt, weil die Tafeln für Bedürftige mittlerweile kaum noch Lebensmittel verteilen können.
  • Kommunen stärken. Angesichts der momentanen Belastungen auch der Kommunen fordern wir eine Lockerung und Flexibilisierung der Haushaltsauflagen durch das Land für den Gesundheitsbereich und die personelle Aufstockung der Gesundheitsämter. Damit lässt sich die Handlungsfähigkeit von Landkreisen, Städten und Gemeinden gewährleisten.
  • Den Rettungsschirm breit aufspannen. Nicht nur die Wirtschaft, große wie kleine Betriebe geraten durch Corona in eine Krise, sondern auch die Kunst- und Kulturschaffenden, die sozialen Einrichtungen, die Erwachsenenbildung und viele weitere Einrichtungen, Verbände und Initiativen. Deshalb ist es wichtig, dass die Landespolitik mit einem Nachtragshaushalt ein klares Signal setzt: Politik nimmt alle in den Blick und hilft flexibel dort, wo Hilfe in den nächsten Monaten Not tut. Denn über die Wirtschaft hinaus sind all diese Einrichtungen das Herz Niedersachsens – wir dürfen sie nicht verlieren.
  • Sozial-ökologisches Konjunkturprogramm anschieben. Nur so können nach der akuten Krise die ökonomischen und sozialen Folgen abgemildert werden. Es ist absehbar, dass die Corona-Krise mit einer Wirtschaftskrise einhergehen wird. Umso wichtiger ist es, dass die Politik nicht nur im Bund, sondern auch auf Landesebene jetzt ein deutliches Zeichen setzt: Nach der akuten Krise wird umgehend mit einem Wirtschaftsförderprogramm aktiv gegengesteuert. Ein solches Konjunkturprogramm muss möglichst kombiniert werden mit ohnehin notwendigen und überfälligen Maßnahmen: mehr Klimaschutz, Etablierung neuer Mobilitätskonzepte, Ausbau des ÖPNV und des Radverkehrs, Umbau der Landwirtschaft. Kurz: ein Konjunkturprogramm für die notwendige sozial-ökologische Transformation. Eine erneute schlichte Abwrackprämie für Autos wäre in der heutigen Zeit das falsche Instrument.
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