Pressemeldung Nr. 95 vom

Altersfeststellungen bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten :Grüne: Minderjährige schützen und erneute Traumatisierung vermeiden

„Nach wie vor gibt es kein seriöses wissenschaftliches Verfahren, mit dem das Alter einer Person zweifelsfrei und sicher festgestellt werden kann.“

Darum geht's

Nach Angaben des Innenministeriums nimmt Niedersachsen – wie bereits mehrfach in den vergangenen Monaten zusammen mit anderen Bundesländern – aktuell wieder Kinder und Jugendliche aus den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland auf. Viele von ihnen benötigen ärztliche Hilfe. Niedersachsens Innenministerium überstellt die Kinder und Jugendlichen in spezielle Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die jungen Geflüchteten werden häufig von den zuständigen örtlichen Jugendämtern zu Ärzt*innen überwiesen, um ihr genaues Alter festzustellen und dann entscheiden zu können, ob sie rechtlich weiterhin als Kinder bzw. Jugendliche oder als Erwachsene zu behandeln sind.

Diese Altersfeststellungen sind allerdings häufig nicht sicher. Sie haben jedoch unmittelbar zur Folge, dass die Geflüchteten aus der Obhut der speziell für junge Menschen eingerichteten Unterbringungen genommen und in die Landesaufnahmebehörde überstellt werden. Dies hat häufig zur Folge, dass viele von dort fliehen und untertauchen.

Das sagen die Grünen

Susanne Menge, Migrationspolitische Sprecherin

„Nach wie vor gibt es kein seriöses wissenschaftliches Verfahren, mit dem das Alter einer Person zweifelsfrei und sicher festgestellt werden kann. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass Altersfeststellungen bei Jugendlichen zu falschen Ergebnissen und in der Folge zu einer falschen Unterbringung und falschen rechtlichen Behandlung führen. Unbegleitete Jugendliche, insbesondere junge Frauen, die sexualisierte Gewalt erleiden mussten, werden somit zu Unrecht aus der Obhut der Jugendeinrichtungen gerissen und in Landesunterkünfte überstellt, wo sie dann auch auf Erwachsene treffen. Die Folge ist, dass viele vor allem aus Angst vor den Männern dort erneut fliehen und in die Illegalität abtauchen.

Für diese jungen Menschen muss die ärztliche Behandlung, Betreuung und psychosoziale Begleitung Vorrang haben, um sie zu stabilisieren und zu integrieren. Auf die häufig schrecklichen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt muss hier in Niedersachsen, wo sie Schutz suchen und Sicherheit erfahren sollen, besondere Rücksicht genommen werden. Altersuntersuchungen mögen in besonderen Fällen angemessen sein. Aber nur das Alter zum alleinigen Maßstab für die Wahl des angemessenen Betreuungsorts zu machen ist inakzeptabel, erst recht angesichts der zweifelhaften Untersuchungsverfahren. Ich fordere die Landesregierung auf, dem Schutz der Minderjährigen größere Bedeutung beizumessen und hier umzusteuern. So können Retraumatisierungen vermieden und der Minderjährigenschutz gewährleistet werden.“

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