Pressemeldung Nr. 69 vom

Ein Jahr Klimagesetz für Niedersachsen – Antworten auf Grünen-Anfragen legen große Defizite offen:Grüne kritisieren magere Zwischenbilanz für den Klimaschutz in Niedersachsen - GroKo will auch künftig kein verbindliches CO2-Budget

Die Klimaziele der GroKo sind deutlich zu wenig ambitioniert. Das erst vor einem Jahr beschlossenen Klimagesetz war schon mit Inkrafttreten überholt. Genau das wussten auch SPD und CDU – trotzdem haben sie das Gesetz sehenden Auges so verabschiedet. Konkrete Maßnahmen fehlen in dem Gesetz fast völlig.

Darum geht’s

Mit drei Jahren Verspätung und nach heftigem koalitionsinternen Streit hat die SPD/CDU-Koalition im Dezember 2020 ein Klimagesetz beschlossen, das schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens überholt und nicht mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens vereinbar war. Mit zwei kleinen Anfragen hat die Grünen-Fraktion nun ein Jahr nach dem Beschluss des Klimagesetzes abgefragt, was seither konkret passiert ist. Die Antworten fallen ernüchternd aus. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Frühjahr dem Bund deutlich schärfere Vorgaben für den Klimaschutz gemacht. Mittlerweile sieht sich auch die Landesregierung auf Grund dieser Vorgaben gezwungen, ihr Klimagesetz nachzubessern. Die im Klimagesetz vorgesehenen Strategien zur Umsetzung sind im Kabinett erst nach Jahresfrist am (heutigen) Dienstag vorgelegt worden. Allerdings geht aus den Antworten an die Grünen-Fraktion bereits hervor, dass SPD und CDU kategorisch ein CO2-Budget als Obergrenze für Klimaemissionen in Niedersachsen ablehnen. Dabei zeigen die Vorschläge der Grünen-Vorschläge, dass bereits mit dem wenig ambitionierten Klimagesetz deutlich mehr möglich wäre.

Das sagen die Grünen

Imke Byl, umwelt- und klimapolitische Sprecherin der Grünen im Landtag:

„Die Klimaziele der GroKo sind deutlich zu wenig ambitioniert. Das erst vor einem Jahr beschlossenen Klimagesetz war schon mit Inkrafttreten überholt. Genau das wussten auch SPD und CDU – trotzdem haben sie das Gesetz sehenden Auges so verabschiedet. Konkrete Maßnahmen fehlen in dem Gesetz fast völlig. Die Antworten auf unsere Anfragen zu den Klimamaßnahmen machen klar: Erst ein Jahr nach der Verabschiedung kommen die versprochene Klimaschutzstrategie, Konzepte zur Bewältigung der Klimafolgen oder für eine klimaneutrale Landesverwaltung auf den Tisch. Die Antworten auf die Anfragen der Grünen-Fraktion zeigen aber erst recht, dass die SPD/CDU-Koalition auch künftig kein wirkliches Interesse an funktionierendem, nachprüfbarem Klimaschutz hat. Die Regierung erklärt rundheraus, dass sie ein CO2-Budget ablehnt. Das ist eine heftige Absage. Denn die Logik einer wirksamen Klimapolitik ist, dass alle – auch Niedersachsen - klären müssen, wie viele restliche Treibhausgasemissionen wir noch in die Luft pusten dürfen oder wollen, wenn die Pariser Klimaziele erreicht werden sollen. Danach muss sich Politik richten. Jahreszahlen und Zwischenziele sind schön und gut. Aber letztendlich geht es ja genau darum: Wie stark verschmutzen wir weiterhin noch die Atmosphäre.

Die vorige Woche im Landtag von Umweltminister Lies und der GroKo erneut versprochene „1 Milliarde Euro für den Klimaschutz“ setzt sich fast vollständig aus bereits ohne Klimagesetz vorhandenen Finanzmitteln aus mehreren Bereichen zusammen. Diese 1 Milliarde ist daher eine große Mogelpackung der GroKo.  Die einzig neue Maßnahme war das mehr schlecht als recht zusammengebastelte Solarspeicher-Förderprogramm. Anträge wurden teils erst mit mehreren Monaten Verzögerung beschieden. Das hat Handwerksbetriebe, die ohne Förderprogramm eigentlich volle Auftragsbücher hatten, teilweise ins wirtschaftliche Schlingern gebracht, weil die Aufträge wegen fehlender Förderzusagen nicht angegangen werden konnten. Wir müssen leider feststellen: Nicht einmal ihr unzureichendes Klimagesetz hat die Landesregierung ein Jahr nach Inkrafttreten umgesetzt. Auch ohne die jetzt angestrebte Novellierung des Klimagesetzes wäre schon viel mehr möglich gewesen, wenn SPD und CDU es denn gewollt hätten. Stattdessen unterstützt die Landesregierung den Autobahnausbau und setzt sich für neue fossile Infrastruktur mit einem Flüssigerdgas-Importterminal (LNG) an der niedersächsischen Küste ein.“

Hintergrund

Das wäre bereits ohne eine Novellierung des Klimagesetzes für die GroKo möglich gewesen:

  • Solarpflicht für alle Neubauten, also auch für öffentliche und private Dächer und bei umfangreichen Dachsanierungen nach dem Vorbild von Baden-Württemberg (im dort von Grünen, CDU und SPD getragenen Klimagesetz verankert).
  • Erleichterung der engen Denkmalschutzvorgaben bei der Installation von Solarenergieanlagen
  • Unterstützung von Bürger*innen-Energieprojekten, wie wir es mit einem Fördertopf gefordert haben; dies würde den Windenergieausbau auf kommunaler Ebene vereinfachen und die gesunkenen Ausbau der letzten Jahre abmildern; eine solche Förderung würde eine möglichst dezentrale Energiewende voranbringen
  • Klare Mindest-Flächenvorgaben für die einzelnen Landkreise für Wind-Vorranggebiete, damit sich Landkreise nicht mehr aus der Verantwortung ziehen können

Darüber hinaus fordern die Grünen für Niedersachsen:

  • Einen Klimavorbehalt für alle Entscheidungen; dieser verpflichtet das Land wirkungsvoll dazu, die Klimaauswirkungen jeden Erlasses, jeder Verordnung und jeden Gesetz zu beschreiben und zu überprüfen
  • Ehrgeizigere Klimaziele: Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2025 um 50 Prozent, bis 2030 um 80 Prozent und Erreichen von Netto-Null bis 2035 (Klimaziele der GroKo lediglich: Treibhausgasreduktion um 55 Prozent bis 2030, Klimaneutralität bis 2050.)
  • Eine klimaneutrale Landesverwaltung bis 2035 (GroKo: Klimaneutrale Landesverwaltung bis 2050)
  • Einen Niedersachsenfonds, der bis zu 10 Mrd. Euro Investitionsmittel für die großen Zukunftsaufgaben mobilisieren, darunter auch für Klimaschutzmaßnahmen etwa bei allen öffentlichen Gebäuden
  • Klare Vorgaben für Klimaziele in allen Sektoren, inklusive dem Verkehrs- und Landwirtschaftssektor
  • Vorgabe für Neubauten ab 2025 mit Wärmeerzeugung aus 100 Prozent Erneuerbaren Energien
  • Schutz von Kohlenstoff speichernden Böden; Erhalt von Mooren und deren Wiedervernässung
  • Steigerung der ökologisch bewirtschafteten Landwirtschaftsfläche bis 2020 auf mindestens 30 Prozent
  • Vom Land veranlasste Dienstreisen finden klimaneutral statt
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