Pressemeldung Nr. 99 vom

Grüne: Frühpensionierung Minniers für grundlegende Reformen des Verfassungsschutzes nutzen - Weg vom Geheimdienst - hin zu wissenschaftlich fundierter Aufklärung und Beratung

Nach der vorzeitigen Pensionierung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Peter Minnier fordert die innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, Silke Stokar, die Stelle des Präsidenten des...

Nach der vorzeitigen Pensionierung des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Peter Minnier fordert die innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, Silke Stokar, die Stelle des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz vorläufig nicht neu zu besetzen. Stattdessen solle eine Experten-Kommission zur Erarbeitung grundlegender Reformen eingesetzt werden.
" Die bundesweit einmalige Tatsache, dass ein oberster Verfassungsschützer einfach keine Lust mehr auf seinen Geheimdienstjob hat, sollte zum Anlass genommen werden, die Sinnhaftigkeit der Arbeit zu überprüfen", so Silke Stokar.
Das Landesamt für Verfassungsschutz könne durch folgende Maßnahmen wesentlich "schlanker" werden:
Da gerade politisch motivierte Gewalt sich nicht an Landesgrenzen halte, sei es effektiver, wenn der durch internationale Ereignisse stark beeinflusste Bereich des "Ausländerextremismus" zukünftig ausschließlich vom Bundesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen würde.
Auch die klassische Wirtschaftsspionage, die vornehmlich aus dem Osten kommt, spiele keine entscheidende Rolle mehr. Bedroht seien niedersächsische Firmen, besonders mittelständische Unternehmen die in Bereichen der neuen Technologien arbeiten, durch Wirtschaftskriminalität aus allen Ländern. Die Bearbeitung der Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsspionage solle dem Landeskriminalamt übertragen werden.
Eine Effizienzüberprüfung solle den Nachweis erbringen, wann nachrichtendienstliche Mittel zur Informationsgewinnung wirklich erforderlich sind.
Die Liste der Beobachtungsobjekte könne erheblich eingegrenzt werden. So sei die weitere Beobachtung von Teilen der PDS, den Resten der DKP oder die Auswertung von Flugblättern der MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) überflüssig. Auch die Beobachtung der Scientologen durch den Verfassungsschutz habe keinen erkennbaren Nutzen gebracht.
In Zukunft solle sich das Landesamt für Verfassungsschutz darauf konzentrieren, die Politik zu beraten und die Bevölkerung aufzuklären. Hierfür sei es erforderlich, wissenschaftlich fundierte Lagebilder über die Entwicklung der politisch motivierten Gewalt in Niedersachsen zu erstellen. In einer Sicherheitspartnerschaft mit den anderen Nordbundesländern solle die Erstellung einheitlicher Lagebilder verabredet werden. So könne jedes Bundesland einen besonderen Schwerpunkt übernehmen.
Die Vernetzung mit der Extremismus- und Gewaltforschung müsse verbessert werden. Vertraulich eingestufte Berichte sollten auf das absolut Notwendige beschränkt werden. Stattdessen müsse die öffentliche Information, zum Beispiel die Aufklärung über Extremismus an Schulen intensiviert werden.
Nach Auffassung Stokars bräuchte ein so abgespecktes Landesamt an der Spitze keinen Präsidenten mehr, sondern einfach einen Leiter oder eine Leiterin. Die Stelle sollte ausgeschrieben und aufgrund einer wissenschaftlichen Qualifikation im Bereich der Gewaltforschung besetzt werden.
Silke Stokar: "Es ist ein nicht belegter Mythos, dass der Einsatz verdeckter Ermittler, die Bezahlung zweifelhafter Informanten oder die technische Observation tatsächlich die Erkenntnisse bringt, die für ein schnelles Reagieren auf politisch motivierte Gewalt erforderlich ist. Die Pensionsansprüche des amtsmüden Präsidenten können aus dem Hause selbst erwirtschaftet werden. Reformen können der Arbeit neuen Sinn verleihen und Moral und Motivation stärken".

Zurück zum Pressearchiv