Pressemeldung Nr. 86 vom

Grüne fordern finanzielle Hilfen zur Umstellung der Schweinemast auf mehr Qualität und weniger Masse

Wir brauchen in Niedersachsen als führendes Bundesland in der Schweinehaltung einen geordneten, staatlich abgefederten Abbau der Tierzahlen. Ansonsten steht uns der von der Landesregierung bereits befürchtete Strukturbruch tatsächlich ins Haus. Dies wird dann die Existenz vieler Betriebe zerstören.

Darum geht es

Die Grünen fordern angesichts der aktuellen gravierenden Probleme in den Schweinemast-Betrieben („Schweinestau“) durch Corona und Afrikanische Schweinepest vom Land eine belastbare Strategie für einen Kurswechsel in der niedersächsischen Schweinemast. Ziel muss eine dauerhafte Verringerung der Tierbestände sein. Dazu gehört auch, alle Betriebe finanziell zu unterstützen, die diesen Weg gehen wollen. Vorbild dafür könnte die Niederlande sein. Außerdem muss aus Sicht der Grünen im Landtag das Land prüfen, wie als Alternative zu riesigen Großschlachtereien wieder mehr dezentrale Kapazitäten durch klassische handwerkliche Schlachtereien geschaffen werden.

Das sagen die Grünen

Miriam Staudte, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und agrarpolitische Sprecherin:

„Wir brauchen in Niedersachsen als führendes Bundesland in der Schweinehaltung einen geordneten, staatlich abgefederten Abbau der Tierzahlen. Ansonsten steht uns der von der Landesregierung bereits befürchtete Strukturbruch tatsächlich ins Haus. Dies wird dann die Existenz vieler Betriebe zerstören. In der jüngsten Landtagsdebatte hat die Landwirtschaftsministerin die dramatische Situation der Schweinehalter mitfühlend geschildet. Doch ihr Aufruf, freiwillig die Ferkelproduktion zu drosseln, kann von den Betrieben allein kaum umgesetzt werden. Schweinemast-Betriebe haben in der Regel den Großteil ihres Kapitals in festen Stallanlagen gebunden. Sie können ohne Hilfe von außen nicht ohne weiteres flexibel auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren. Betriebswirtschaftlich kann es sich niemand leisten, die Produktion zu drosseln, während andere Betriebe in gleicher Höhe weiter produzieren.

Landwirte, die ihre Schweinebestände verringern wollen, müssen deshalb vom Land finanziell unterstützt werden. Nur so kann auch ein Umstieg auf andere Betriebszweige gelingen. In diesem Zusammenhang von „Mitnahmeeffekten“ zu sprechen, wie es das Agrarministerium in der Antwort auf einen Grünen-Anfrage tut, ist zynisch. Das bedeutet, dass man das Höfe-Sterben im Grunde schon akzeptiert hat.

Die Niederlande machen vor, wie ein geordneter Abbau der Schweinemast-Kapazitäten aussehen kann. Hier werden die Landwirte unterstützt, ohne dass die Betriebe vor dem finanziellen Ruin stehen. Der nun eingetretene ‚Schweinestau‘ in Niedersachsen kam keineswegs überraschend. Schon seit Monaten laufen die Schlachtbetriebe mit reduzierten Kapazitäten. Hierauf hat die Landesregierung nicht reagiert. Diese Versäumnisse rächen sich jetzt. Umso dringlicher muss die Regierung jetzt handeln.“ 

Hintergrund

Ministerin Otte-Kinast hatte in der Landtagssitzung am Donnerstag gesagt, sie erwarte von den Schweinemast-Betrieben in Niedersachsen, dass diese „jetzt sofort ihre Produktion […] anpassen“. Es sei „jetzt die Zeit, die Ferkelerzeugung zu drosseln. Denn auch in vier Monaten wird es noch pandemiebedingte Einschränkungen geben.“

In der beigefügten Antwort auf eine Anfrage der Grünen hatte das Ministerium die Möglichkeit, „mit finanzieller Unterstützung Betrieben den Ausstieg aus der Schweinehaltung zu ermöglichen“,  noch abgelehnt, da „reine Mitnahmeeffekte“ befürchtet würden. Es sei nicht zielführend, „das wirtschaftliche Risiko der Branche mit eine solchen Maßnahme senken zu wollen“.

Seit September gibt es das mit 300 Mio. Euro ausgestattete „Bundesprogramm Stallumbau“, mit dem insbesondere der Ausstieg aus der Kastenhaltung in Schweinebetrieben mitfinanziert werden soll. Voraussichtlich werden die Mittel im genannten Zeitraum nicht abgerufen werden. Eine Möglichkeit wäre, diese Mittel teilweise umzuwidmen und auch Betrieben zukommen zu lassen, die die Schweinehaltung zurückfahren wollen.

Die Niederlande fördern den Ausstieg aus der Schweineerzeugung in diesem Jahr mit insgesamt 180 Mio. Euro. Dafür werden Produktionsrechte aufgekauft und Ausgleichszahlungen für reduktionswillige Schweinehalter gezahlt. Nach aktuellen Schätzungen werden durch das Programm rund 10 Prozent aller niederländischen Landwirte die Schweinhaltung einstellen und der niederländische Ferkelexport um etwa 15 Prozent sinken.

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