Tanja Meyer: Rede zum Landesaktionsplan Gute Geburt (Antrag SPD/GRÜNE)
TOP 41 - Landesaktionsplan Gute Geburt: Eine gesunde und gute Geburt für Mütter und Kinder sicherstellen
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
im Mittelpunkt einer Geburt stehen Mutter und Kind. Jede Geburt ist anders, jede Frau fühlt anders, kommuniziert anders und braucht unterschiedliche Unterstützung. Alle haben aber eines gemeinsam: Sie wollen sich sicher fühlen.
Dazu gehören eine erreichbare Geburtshilfe und die Sicherheit, dass ich vor Ort aufgenommen werde und auch gut durch die Geburt begleitet werde. Die bestmöglich medizinische Versorgung muss selbstverständlich sein, aber eben auch, dass die Geburt zu einem erfreulichen Ereignis wird.
In Niedersachsen leben derzeit etwa 1,3 Millionen Frauen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren, und wir haben eine Geburtenrate von durchschnittlich 1,5 Kindern je Frau. Das zeigt auf, wie viele Frauen und Kinder das Thema Geburtshilfe bei uns direkt betrifft.
Wir erleben aber auch bei uns, dass immer wieder Geburtshilfen schließen müssen und dass sich die Versorgungslage zwischen den Regionen stark unterscheidet. Es gibt auch in Niedersachsen einzelne Regionen, in denen brauche ich eine Stunde oder sogar mehr bis zur nächsten klinischen Geburtshilfe. Wir sehen auch, dass die Kaiserschnittrate bei mehr als 30 Prozent liegt! Das ist deutlich zu hoch.
Eine bevorstehende Geburt ist vielfach ein großes Mysterium. Gerade die erste. Ich weiß noch, wie unsicher ich war:
Was kommt da auf mich zu?
Wie schlimm werden die Schmerzen? Ja, das macht Angst!
Aber auch: Werde ich in der konkreten Situation, während der Geburt, artikulieren können, was ich brauche? Auch: Welche Informationen ich benötige?
Was, wenn auf einmal ein Kaiserschnitt im Raum steht?
Ich hatte großes Glück. Die Geburt meiner ersten Tochter wurde von einer jungen, sehr umsichtigen Hebamme begleitet. Sie war die ganze Zeit da, wenn ich sie brauchte. Die Kommunikation lief super, und sie hat mir im richtigen Moment Angebote gemacht, und ich konnte entscheiden, was ich annehme möchte und was nicht. Wir funktionierten als Team.
Hebammen sind für mich die Heldinnen dieser Zeit. Sowohl vor, während und auch nach der Geburt.
Aber nicht jede Frau hat dieses Glück. Nicht jede Geburt ist eine gute Erfahrung. Während der Geburt sind Frauen dem Umfeld ausgeliefert, auf das sie sich dann komplett verlassen müssen. Genau deswegen sind unnötige Interventionen, übergriffige körperliche Maßnahmen oder auch ein unsensibler Umgang verstörend. Manche Erfahrungen sind sogar traumatisch.
Es ist gut, dass das heute immer offener thematisiert wird. Aber es fehlen Daten, Forschung, Sensibilität für das Thema, Prävention und auch Anlaufstellen.
Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass sich das Land Niedersachsen strategisch mit der Geburtshilfe bei uns auseinandersetzt mit der Zielsetzung: Jede Frau soll die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wie sie ihr Kind bekommen möchte, und jede Frau hat das Recht auf eine interventionsarme, auf eine wertschätzende Geburt.
Um das zu erreichen, braucht es neben Informationen eine vielfältige geburtshilfliche Struktur und ausreichend Fachpersonal. Und dafür brauchen Hebammen und Gynäkolog*innen Arbeitsbedingungen, die ein gutes Geburtserlebnis unterstützen. Dazu gehört unbedingt auch eine gerechte Vergütung und nicht, wie derzeit beabsichtigt, eine gravierende Reduzierung der Vergütung für die Beleghebammen.
Niedersachsen hat schon gute Impulse gesetzt. Mit dem Landesaktionsplans für eine gute Geburt kann diese Arbeit fokussiert fortgesetzt werden. Damit Frauen überall in Niedersachsen voller Vertrauen und mit Ruhe die Geburt ihres Kindes erleben können und die Kinder den bestmöglichen Start ins Leben haben.
Mit dieser Vision freue ich mich auf konstruktive Diskussionen im Ausschuss.
Vielen Dank.