Rede Christian Meyer: : Keine Wunschlisten der Bodenabbauindustrie übernehmen – Landes-Raumordnungsprogramm zurückziehen – Torfabbau stoppen

In diesen Tagen wo die Energie- und Klimapolitik neu auf dem Prüfstand steht, wo wir über Energieeinsparung, CCS und künstliche CO2-Speicher diskutieren, müssen wir auch über den Schutz unserer natürlichen CO2-Speicher der Moore reden.

In den weltweiten Mooren lagert doppelt soviel Kohlenstoff wie in allen Wäldern der Erde. Wenn wir schnell aus der Atomenergie aussteigen wollen und das wollen wir Grüne, und wenn wir gleichzeitig die Klimaziele erreichen wollen, dann müssen wir uns auch mit dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen und CO2-Speicher neu beschäftigen. Nach dem STERN-Report ist der günstigste und effizienteste Klimaschutz der Erhalt der Regenwälder und Moore weltweit. Regenwälder haben wir nicht und vom Moorland Niedersachsen sind heute nur noch knappe 5 % übriggeblieben. Alles andere wurde zerstört und abgetorft. Wenigsten diese letzten Moorreste sollten wir retten.

2002 hatte der Landtag daher beschlossen ein umfangreiches Konzept zum Schutz der Niedermoore und Hochmoore in Niedersachsen aufzulegen. Unter Schwarz-Gelb ist davon keine Rede mehr.

Stattdessen droht das Umweltministerium dieser Tage aus dem großen Schutzprojekt "Hannoversche Moorgeest" endgültig auszusteigen. Es geht um den Schutz der drei wichtigsten Moore in der Region Hannover. Nachdem Bund und Region nun die Förderung zugesagt haben, torpediert Kettensägenminister Sander dieses wichtige Anliegen obwohl schon Ministerpräsident Albrecht die hohe Bedeutung und Schutzwürdigkeit der Moorgeest bei Hannover hervorgehoben hatte.

Der BUND hat daher den Ministerpräsidenten McAllister angeschrieben Herrn Sander zu stoppen. Wir schließen uns dem ausdrücklich an: Das Land soll nicht aus dem Moorschutz aussteigen, sondern aus der Atomenergie!

Aber meine Damen und Herren, es kommt noch schlimmer, was unsere letzten Moore angeht.

Mit dem Entwurf der Landesregierung zum Landesraumordnungsprogramm haben CDU und FDP per Kabinettsbeschluss das größte Torfvernichtungsprogramm seit langem vorgeschlagen.

Über 3300 ha sollen als neue Torfabbauflächen ausgewiesen werden. An allen Naturschutz und Klimazielen vorbei. Anscheinend wurde eine Wunschliste der Bodenabbauindustrie 1 zu 1 übernommen. In Presseartikeln vor Ort rühmt man sich bei der Industrie der guten Kontakte zu Minister Sander und der Landesregierung. Selbst eine gemeinsame Bootsfahrt von Rohstoffindustrie und Minister Sander findet man auf der Homepage der Lobbyverbände.

Der Naturschutz und die berechtigten Interessen der Kommunen, die sich fast alle gegen den massiven Torfabbau aussprechen, spielte für die Landesregierung beim Entwurf des LROP anscheinend keine Rolle.

Das ist ein Skandal und widerspricht dem Grundsatz der Raumordnung eine ausgewogene Vorlage in die Anhörung zu geben.

(Anrede)

Wie fatal und unausgewogen der Kabinettsbeschluss ist, sagen übrigens Kabinettsmitglieder selbst. So sagt Minister Sander etwa laut Wümme-Zeitung vom 31.1.2011: "Torfabbau wäre unvernünftig"  und spricht sich gegen ein Vorranggebiet im Günnemoor aus.

Auch im Badenermoor bei Achim wendet sich Minister Sander plötzlich gegen den Torfabbau. Der Weser-Kurier titelt: "Auch Sander gegen Torfabbau". Und er kündigt Widerstand gegen seine eigene Landesregierung an. Zitat Sander laut Weser-Kurier vom 9.12.2010: "Wir werden Widerstand leisten, dass die Fläche gar nicht erst ins Landesraumordnungsprogramm hineinkommt. Das ist ganz klar eine ökologisch wertvolle Fläche". Er kündigt also Widerstand gegen sich selbst an, da er das LROP mit der Fläche im Kabinett mitbeschlossen hat.

Politik mit den Bürgern sieht anders, meine Damen und Herren. Im Entwurf des LROP ist an vielen Stellen von nicht ausgleichbaren Eingriffen in den Naturhaushalt die Rede. Nach dem Naturschutzrecht ist in solchen Fällen ein Eingriff nicht zulässig. Sie setzen sich darüber hinweg und hebeln Beschlüsse und Verordnungen der Kommunen, die etwa Torfabbau im Landschaftsschutzgebiet untersagen einfach aus. Solche wichtigen Naturflächen selbst in Schutzgebieten hätten sie gar nicht erst aufnehmen dürfen!

Aber, meine Damen und Herren, mit ein paar Korrekturen werden wir uns nicht zufrieden geben. Der gesamte Torfabbau in Niedersachsen muss auf den Prüfstand. Torffreie Blumenerde als Alternative ist längst vorhanden und muss nur entsprechend gefördert werden. Da wäre auch mal eine Verordnung zur Förderung von Blumenerde aus Kompost oder anderen Alternativen überfällig, damit wir nicht auch noch zum klimaschädlichen Abtorfen der Moore im Baltikum weiter beitragen.

(Anrede)

Moorschutz ist Klimaschutz, aber auch Naturschutz. Deshalb wollen wir eine keine neuen Torfabbauflächen im LROP.

Aber auch in anderen Bereichen, wobei die Abtorfung das schlimmste ist, hat die Landesregierung die Interessen der Rohstoffindustrie oft 1 zu 1 übernommen. Etwa beim Kies- und Sandabbau, wo sich etwa der Landkreis Hameln-Pyrmont parteiübergreifend gegen großflächige Auskiesungen bei Tündern ausgesprochen hat.

Wir sagen, daher: Ein solchen Entwurf mit einseitigen Lobbyinteressen der Rohstoffindustrie kann man nicht verbessern. Man kann ihn nur zurückziehen, in den Papierkorb werfen und eine ausgewogene Neuauflage erstellen.

Angesichts des massiven Widerstandes von Kommunen und Umweltverbänden hat das Agrarministerium jetzt ja bereits eine Überarbeitung bis nach der Kommunalwahl angekündigt. Vorher trauen sie sich wohl nicht gegen die kommunalen Resolutionen zu entscheiden. Diese Zeit könnte man für einen neuen Entwurf nutzen, der dann mit einem Höchstmaß an Bürger- und Verbändebeteiligung neu beraten wird.

Aber bei der CDU und FDP hat man den Eindruck, sie wollten noch schnell vor der Landtagswahl einer bestimmten Lobby, hier der Bodenabbau- und Torfindustrie Geschenke machen.

Daher sagen wir: Herr Minister Lindemann, machen sie einen Neustart. Gehen sie zurück auf Los! Korrigieren sie den Scherbenhaufen von Frau Grotelüschen und legen sie ein neues Landesraumordnungsprogramm vor was seinen Namen verdient!

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