Antrag: Korruption erfolgreich bekämpfen – Korruptionsregister einführen

Korruption und Wirtschaftskriminalität steigen in Deutschland weiter an. Die Schäden liegen laut Schätzungen im Milliardenbereich. Prominente DAX-Unternehmen waren in den vergangenen Jahren in umfängliche Korruptionsvorgänge verstrickt. In Niedersachsen ist der alte und recht wirkungslose Erlass für den Ausschluss von unzuverlässigen Bewerbern von der Teilnahme am Wettbewerb Ende 2008 ausgelaufen. Niedersachsen hat damit derzeit kein Korruptionsregister mehr. Um eine bundeseinheitliche Regelung, die gegenüber einer Länderregelung Vorteile hätte, wird seit vielen Jahren gestritten. Die große Koalition in Berlin scheint aber offenkundig nicht bereit ein wirksames Antikorruptionsregistergesetz auf den Weg zu bringen. Landtag und Landesregierung sind daher aufgefordert ein wirkungsvolles Antikorruptionsregister gesetzlich zu verankern. Priorität hat dabei ein Bundeskorruptionsregister; falls der Bund sich indessen weiter unwillig zeigt in dieser Legislatur ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, muss das Land selbst tätig werden.

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. sich intensiv im Bundesrat und Bundestag für eine Einigung für ein bundesweites Korruptionsregister einzusetzen. Das Gesetz soll sich an folgenden Eckpunkten orientieren:
  1. Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wird ein Korruptionsregister eingerichtet.
  2. Das Korruptionsregister hat die Aufgabe, für die Prüfung von Bietern und Bewerbern bei öffentlichen Auftragsverfahren Daten über Unzuverlässige zu beschaffen, zur Abfrage bereitzuhalten und an öffentliche Auftraggeber zu übermitteln. Unternehmen, die in dem Register eingetragen sind, sind für die Dauer des Eintrags von öffentlichen Aufträgen auszuschließen.
  3. Die Daten werden erhoben über Straftaten und verstöße von erheblicher Bedeutung im Rahmen von wirtschaftlicher Betätigung. Das Register erhält einen entsprechendenStraftatenkatalog.
  4. Straftaten oder Verstöße sollen nur gemeldet, gespeichert und mitgeteilt werden bei strafrechtlicher Verurteilung, Erlass eines Strafbefehls, Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO, Erlass eines rechtskräftigen Bußgeldbescheids und nach Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten.
  5. Für öffentlichen Auftraggeber soll eine Meldeverpflichtung eingeführt werden. Sie müssen Person und Unternehmen bzw. Unternehmessteile, die wegen einer Straftat oder eines Verstoßes in einem öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen wurden, der registerführenden Behörde melden. Auch nicht-öffentliche Stellen können Straftaten oder Verstöße des Katalogs nach Nr. 3 an das Register melden.
  6.  Das Korruptionsregister muss regeln, welche Daten wie lange gespeichert werden und die Sicherheit der Datenübermittlung garantieren. Betroffene Personen und Unternehmen müssen unverzüglich über ihre Aufnahme in das Register informiert werden. Spätestens 5 Jahre nach erstmaligem Nachweis einer Verfehlung müssen die Daten gelöscht werden.
  7. Im Register muss geregelt werden, welche öffentlichen Auftraggeber bei Auftragsvergabe eine Anfrage an das Register stellen müssen. Dabei soll eine Anfrage bei einem Auftragsvolumen von mehr als 50.000€Â  verpflichtend vorgeschrieben werden. Bei einem geringeren Auftragsvolumen soll eine Anfrage ebenfalls möglich sein.
  8. Das Korruptionsregister soll Anforderungen an eine grenzübergreifende europaweite Bekämpfung von Betrugskriminalität berücksichtigen. Die Zusammenarbeit und der Austausch von Daten mit dem "Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung" (OLAF) sind festzulegen.
  1. Wird ein entsprechendes Antikorruptionsregistergesetz im Bund bis zum Ende der laufenden Wahlperiode nicht beschlossen, ist die Landesregierung aufgefordert eine Landesregelung mit den entsprechenden Eckpunkten auszuarbeiten und dem Landtag vorzulegen. 

Begründung

Korruption und Wirtschaftskriminalität sind eine gefährlich wachsende Branche in der Bundesrepublik. Die Aufdeckung von Korruptions- und Betrugsfällen in Wirtschaft und Politik hat zwar in den letzten Jahren zugenommen. Gleichwohl ist das Dunkelfeld nach wie vor sehr groß und die Schäden liegen laut Schätzungen im Milliardenbereich. Es handelt sich damit nicht um wenige Einzelfälle und Ausnahmeerscheinungen, sondern um ein strukturell verfestigtes Phänomen in verschiedenen gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen.

Korruption erschüttert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik, Wirtschaft und Verwaltung, unterminiert die öffentliche Moral und untergräbt die Motivation loyaler Mitarbeiter. Ein gesetzliches Korruptionsregister, in dem alle Unternehmen eingetragen werden, die sich der Korruption schuldig gemacht haben und somit auf bestimmte Zeit von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden, ist ein entscheidender Schritt zur Korruptionsbekämpfung. Ein Korruptionsregister würde vor allem generalpräventiv auf alle Unternehmen wirken, die in hohem Maße von staatlichen Aufträgen abhängig sind. Verschiedene Korruptionsexperten und Organisationen fordern ein entsprechendes Gesetz seit Jahren. Bisher ist der Bund untätig geblieben.

Die öffentliche Auftragsvergabe liegt im Milliardenbereich. Dennoch vergeben öffentliche Auftraggeber Aufträge immer noch an Unternehmen, die bereits korruptiv oder anders wirtschaftskriminell auffällig wurden, weil die Auftraggeber hiervon keine Kenntnis erhalten. Der Staat sollte indessen akribisch darauf achten, dass er ausschließlich rechtsstaatlich agierenden Unternehmen Steuergelder anvertraut. Gerade in Zeiten von Finanzkrisen und Konjunkturpaketen ist eine Stärkung von Rechtsbewusstsein und Fairness ein grundlegender Wert staatlicher Ordnung.

Vorrangiges Ziel bei der Einführung eines Korruptionsregisters ist es, eine einheitliche Regelung auf Bundesebene zu ermöglichen, um auch ein bundesweit einheitliches und wirkungsvolles Vorgehen beim Informationsaustausch zum Zweck der Korruptionsbekämpfung zu ermöglichen. Wegen der länderübergreifenden Bedeutung von öffentlichen Aufträgen kann mit  den bestehenden Länderregelungen selbst auf nationaler Ebene nur ansatzweise ein Schutz vor unzuverlässigen Unternehmen erreicht werden.

Sofern jedoch der Bund nicht in der Lage bzw. willig ist eine bundeseinheitliche Regelung zeitnah zu schaffen, muss die Landesregierung für eine Übergangsphase ein Landesgesetz vorlegen. Dies zumal das bisher geführte niedersächsische "Unzuverlässigkeitsregister" bei der Landesbauabteilung der OFD Hannover mit Ablauf des Jahres 2008 ausgelaufen ist und nicht fortgeführt werden soll.

Sowohl für die Schaffung eines Korruptionsregisters auf Bundes- als auch auf Landesebene bedarf es einer präzisen gesetzlichen Grundlage, da bei einer zentralen Datenerhebung, Verarbeitung und Übermittlung zum Ausschluss von unzuverlässigen Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, in die Berufsfreiheit und u. U. in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – nicht nur von juristischen, sondern auch von natürlichen Personen – eingegriffen wird. Die vorgeschlagenen Eckpunkte, an denen sich das Gesetz orientieren soll, gewähren ein schlankes aber dennoch wirksames Gesetz.

Fraktionsvorsitzender

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