Liebe Freundinnen und Freunde,
die gestrige Sondersitzung des Niedersächsischen Landtages hat deutlich gemacht, wie wichtig parlamentarische Arbeit und Kontrolle gerade in Zeiten solch einschneidender Maßnahmen und Grundrechte wie derzeit bei der Corona-Krise ist. Die Einigung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsident*innen ist von außen nicht nachvollziehbar – die Kriterien für die Entscheidungen sind öffentlich ebenso wenig bekannt, wie die Hintergründe für die Schwerpunktsetzung. Leidtragende sind derzeit insbesondere die Familien und die soziale Infrastruktur. Diese waren nicht im Blick der Minsterpräsident*innenrunde. Es mutet grotesk an, das Eltern jetzt mit ihren Kindern zum Rausgehen durch Shoppingmalls streifen können, der Spielplatz um die Ecke weiter leer stehen bleibt. Freiflächen und Sport sind keine Freizeitvergnügen – sie sind in der jetzigen Zeit – wo Familien tagtäglich beengt in Wohnungen ohne Garten Wohnen – für alle Entlastung und deshalb wichtig für die mentale Gesundheit. Ein Ausbau der Notbetreuung für Alleinerziehende und besonders belastete Familien und kreative Lösungen wie die Schaffung von festen Betreuungsgemeinschaften können hier Entlastung für #coronaeltern bieten. Wir erwarten von der Landesregierung, die sozialen Härten stärker in den Blick zu nehmen. Die Corona-Krise darf sich nicht zu einer sozialen Krise auswachsen!
Diese Woche fährt der Schulbetrieb langsam wieder an. Nächste Woche werden die Abschlussklassen wieder die Schulen besuchen. Anders als andere Bundesländer hat Niedersachsen entschieden, alle Abschlussprüfungen durchzuziehen und von Durchschnittsnoten abzusehen. Das trifft insbesondere die Jugendlichen hart, die derzeit keinen eigenen Arbeitsplatz zuhause haben, sich um die Betreuung ihrer Geschwisterkinder kümmern oder von der Corona-Krise auch psychisch sehr belastet sind. Wir schließen uns deshalb der Forderung des Schulleitungsverbandes und des Schülerrates an: Prüfungen nur zur Notenverbesserung; und zwar freiwillig. Insgesamt ist der Fokus in der Schulpolitik allerdings gerade zu abschlusslastig: wir fordern deshalb, insbesondere die Förderung der Kinder stärker in den Blick zu nehmen, die zuhause nicht durch ihre Eltern bei der Arbeit zuhause begleitet werden können. Sie sind sonst die großen Corona-Bildungsverlierer*innen.
Seit Tagen hören wir von den katastrophalen Unterbringungen der Erntehelfern in Niedersachsen. Es ist erschreckend, wie leichtfertig teilweise offensichtlich über Infektionsschutz und menschenwürdige Arbeitsbedingungen hinweggegangen wird. Wir fordern schon lange, der Praxis der teils erschreckenden Bedingungen für Saisonarbeitskräfte zu beenden – in der Corona-Krise jedoch geht es hier schnell um Leben und Tod, wie Fälle in Baden-Württemberg gerade zeigen. Aber auch aus Unternehmen hören wir, dass Infektionsschutz nicht überall die höchste Priorität hat. Das darf nicht passieren! Wir fordern von der Landesregierung ein, den Infektionsschutz auch hier intensiv zu überprüfen und Menschen vor Infektionen zu schützen!
Diese Beispiele sind nur einige von vielen, die derzeit deutlich machen, warum parlamentarische Kontrolle wichtig ist und eine Regierung sich nicht selbst kontrollieren kann. Deshalb haben wir uns darauf verständigt, dass unsere Ausschüsse künftig auch über ein Online-Video-Tool tagen können. Das ist in Zeiten der Corona-Krise entscheidend. Denn wir müssen handlungsfähig bleiben, auch wenn Infektionszahlen steigen und Abgeordnete unter Quarantäne stehen.
Wir werden also weiterhin Abstand halten, aber zusammenstehen. Lasst uns gemeinsam weiter an der Eindämmung von Covid-19 arbeiten. Was unsere Fraktion in diesem Sonderplenum und diese Woche im Bereich von Corona sonst so bearbeitet hat, findet ihr wie jede Woche in diesem Newsletter.
Eure Julia Fraktionsvorsitzende
|