Rede Regina Asendorf: Antrag (CDU) - Machenschaften der Stasi in Niedersachsen aufklären

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Vom Beschluss zur Einsetzung der Enquetekommission im Februar 2015 bis heute zur Vorstellung im Landtag sind auf immerhin 147 Seiten unglaublich viele Fakten zusammengestellt worden. Es hat Anhörungen gegeben. Insbesondere die Anhörung der Opfer wird uns Mitglieder der Kommission sicher in Erinnerung bleiben. Denn auch wenn der Besuch des Archivs in Magdeburg mit den unvorstellbar vielen Säcken und Akten schon beeindruckend war, war es wichtig, diesen doch anonymen Quellen ein Gesicht zu geben.

Es war oft schwer zu ertragen, wie es immer schwer zu ertragen ist, wenn so viel Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit passiert, wo auch immer.

So war für mich von Anfang an die Frage, welche Lehren wir aus der Kommission ziehen können.

Zuerst einmal die Erkenntnis, dass das begangene Unrecht schwerlich wieder gut zu machen ist.

Genommene Lebenszeit kann nicht ersetzt werden.

Wenn wir das nicht können, so stellt sich die Frage nach den Konsequenzen für diejenigen, die nun Zeuge geworden sind und wie sie den Opfern gerecht werden können.

„Die Erkenntnis der Erkenntnis verpflichtet“ sagt Maturana in seinem Buch der Baum der Erkenntnis. Die Verpflichtung die sich aus der Erkenntnis ergibt kann nur sein, alles, wirklich alles dafür zu tun, dass all das nicht wieder geschieht.

Das bedeutet sich die Mechanismen des Apparates anzusehen, die die Menschen dazu gebracht hat, andere zu überwachen und ihnen damit jegliche Privatheit und Bürgerrechte zu nehmen.

„Was Du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“

Dieses Sprichwort legt die moralische Grundlinie in unserer Gesellschaft dar. Man könnte den Spruch erweitern und sagen, dass wenn Du anderen doch etwas tust, von dem Du selbst Dich fürchten würdest, dann zerstörst Du das Gefüge unsere Gesellschaft. Das Bindeglied zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft ist Vertrauen aufeinander. Wenn es nicht mehr existiert, herrscht Angst, Misstrauen und Hass. Eine solche Gesellschaft kann nicht mehr demokratisch handeln. Ihr fehlt die Grundlage einer Beteiligung der Bürger.

In der ehemaligen DDR hat man eine Gesellschaft des nebeneinander und nicht des Miteinander erzeugt. Auf Dauer kann dies kein Bestand haben. Eine solche Gesellschaft ist nicht mehr innovativ, sie entwickelt sich nicht weiter, sie verarmt in vielerlei Hinsicht.

Um uns herum können wir diese Entwicklungen beobachten, in der Türkei, in Polen, in den USA.

Die Demokratien erodieren um uns herum.

Aber auch wir sind nicht frei von derartigen Tendenzen. Sie sind schleichender, unauffälliger. Wir gewöhnen uns jeden Tag an etwas mehr Unfreiheit, Unmoral und Verantwortungslosigkeit. Sei es in der Politik oder in den Konzernspitzen. Sei es Diesel oder auch Pflanzenschutz im Grundwasser. Es regt uns auf und gleichzeitig können millionenschwere Manager kalt lächelnd in die Kamera sehen und uns fadenscheinige Erklärungen geben, fast so, wie es in der DDR alltäglich war. Wahrhaftigkeit ist kein Wert mehr, sondern ein Hindernis im Karrierelauf.

Meine Damen und Herren,

Ich habe bei den Diskussionen immer parallel unser eigenes Land vor Augen und die Zukunft, in die es geht und ich betrachte es mit Sorge.

Ich hoffe, dass Sie angesichts des Berichts sich an die Errungenschaft unserer Demokratie erinnern, den Auftrag, den uns die Verfassung aufgetragen hat: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Volke und dem Lande widmen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Niedersächsische Verfassung sowie die Gesetze wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben werde.“

Vielen Dank.

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