Rede Miriam Staudte: Landeshaushalt 2017/2018 – Schwerpunkt Atom

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

in diesen Tagen muss sicherlich Einiges zum Thema „staatliche Finanzen“ und „Atompolitik“ gesagt werden, über den Doppelhaushalt 2017/2018 hinaus, in dem wir die 80.000€ für die Öffentlichkeitsbeteiligung beim Rückbau von AKW verstetigen.

Es hat sich gezeigt, dass es ein Interesse von Seiten der Landkreise besteht, ihre Bevölkerung bei AKW-Rückbau einzubinden. Der Landkreis Wesermarsch hat bereits Gelder zum Rückbau des AKW Unterweser beantragt. Hier muss noch über die Modalitäten verhandelt werden. Der Landkreis Lüneburg bereitet ein Beteiligungsformat zum Rückbau des AKW Krümmel vor. Ich denke neben der Wesermarsch und Lüneburg wird sich der Bedarf auch noch in Harburg und dem Emsland durchsetzen.

Aber nun zu den wirklich interessanten, gewichtigen Punkten:

An diesem Freitag soll nachträglich ein zusätzlicher Punkt auf die Tagesordnung des Bundesrates aufgenommen werden:

Das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung.“

Ich denke, sie wissen alle im Groben worum es geht: Nachdem die Gewinne der Atomwirtschaft jahrzehntelang an Aktionäre geflossen sind, geht es nun um die Sozialisierung der Kosten der Atomnutzung. Ja, es gibt auch positive Aspekte in diesem Gesetz wie die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Fonds für die Rückstellungen der EVU. Aber das Risiko wird beim Steuerzahler verbleiben, falls Zwischen- und Endlagerung teurer werden als die vorgesehenen 23,3 Milliarden mit vermeintlichen Zinsgewinnen jemals bringen werden.

Und es gibt noch eine Krux:

Das Standortauswahlgesetz auch mit seiner aktuell geplanten Novelle hat zu einer Zentralisierung der Entscheidungen auf Bundesebene geführt.

Der Bund wird künftig über die bundeseigene BGE und das Bundesamt für Entsorgungssicherheit die Qualität der Endlagersuche bestimmen und zwar auch noch, wenn Frau Heinen-Esser und Herr König in Ruhestand gegangen sind.

Je teurer es wird- und Qualität hat bei der Endlagersuche etwas mit Geld zu tun, je mehr Standorte ich untertägig erkunde, umso teurer wird es- umso eher wird die öffentliche Hand einspringen müssen, weil das Fondsvermögen nicht ausreicht. Aufsicht und Zahlmeister ist der Bund. Das ist problematisch. Hier kann es zu einem Interessenkonflikt kommen.

 Es können natürlich auch die Länder mit herangezogen werden, das ist nicht ausgeschlossen. 

Ich lese ihnen einmal aus der Stellungnahme des Bundesrats zu dem Atom-Finanz-Gesetz vor:

„Der Bundesrat geht ferner davon aus, dass die Bundesregierung für die Finanzierung der Kosten zur Entsorgung radioaktiver Abfälle Sorge trägt, wenn das Fondsvermögen nicht ausreichen sollte, und bittet die Bundesregierung sicherzustellen, dass die Länder zur Finanzierung nicht herangezogen werden…“

Dieser Punkt ist in der aktuellen Fassung im Sinne der Bundesländer nicht klargestellt.

Es gibt zwei Bundesländer, die mit dem „Atom-Finanz-Gesetz“ einen guten Schnitt machen, das sind Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, denn sie sind an RWE bzw. EnBW direkt oder über ihre Kommunen beteiligt.

Ich prophezeie Ihnen: diese beiden Gesetze – Stand AG und das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung“ werden nicht zum Vorteil Niedersachsens wirken:

Welches Land hat ein Interesse, dass es zu einer fundierten – das heißt auch teureren- Standortsuche bei der Endlagerung kommt?   Niedersachsen. Und wie viele Länder haben dieses Interesse nicht? Alle anderen 15, erst recht nicht, wenn sie auch noch zahlen sollen.

Ein weiterer Punkt: Die Klagen der Atomkonzerne. Das Bundesverfassungsgericht hat in der letzten Woche höchstrichterlich bestätigt: Der Atomausstieg ist mit dem Grundgesetz vereinbar, aber es müssen Entschädigungen gezahlt werden. Erst die Laufzeitverlängerung im Jahr 2010 und dann der erneute Ausstieg nach der Fukushima-Katastrophe - mit diesem Rumlavieren hat Schwarz-Geld den Weg für die jetzt gerichtlich bestätigten Entschädigungsansprüche eröffnet.

Als PR-Maßnahme haben die Konzerne dann gönnerhaft einige kleine Klagen zurückgezogen:  Klagen im Umfang von 600-800 Millionen. Sie halten aber fest an Klagen mit einem Streitwert von 11-12 Milliarden:

Zur Brennelemente-Steuer und das umstrittene Schiedsgerichtsverfahren von Vattenfall in den USA. Das ist nicht akzeptabel.

Leider auch ohne Klage: Die Brennelemente-Steuer läuft am 31.12.2016 -in 18 Tagen- aus. Dieser Landtag hat sich eindeutig durch Beschluss dagegen positioniert. Auf Bundesebene ist nichts dazu passiert.

Das ist keine Basis für ein neues Gesetz zur Übernahme von Finanzlasten durch den Steuerzahler.

Eine Prognose gebe ich: Die EVU werden ein schönes Weihnachtsfest haben.  

Vielen Dank

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