Rede Julia Willie Hamburg zu Versammlungsgesetz und Bannmeile

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Anrede,

seit jeher treten wir GRÜNE für ein versammlungsfreundliches, Bürgerrechte und Datenschutz in den Fokus nehmendes Versammlungsgesetz ein. Bereits im Jahr 2008 hat die damalige GRÜNE Landtagsfraktion einen Entwurf für eine Versammlungsgesetz zur Diskussion gestellt, um dieses wichtige Grundrecht zu regeln und Versammlungen in Niedersachsen nutzer*innenfreundlich zu regeln. Hierbei haben wir den Fokus schon damals auf folgende Schwerpunkte gelegt: Veranstaltenden von Versammlungen soll serviceorientiert und unterstützend begegnet werden, um alle Menschen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen. Die Bannmeile soll als versammlungshemmender Faktor abgeschafft werden, um landespolitische Forderungen direkt auch vor dem Landtag artikulieren zu können. Auch Regelungen zu Spontanversammlungen, der Kennzeichnungspflicht, Videoaufzeichnungen und Datennutzung sowie die Reform der Straf- und Bußgeldvorschriften wurden dort geregelt.

Und dann kam eine für die Versammlungsfreiheit in Niedersachsen bittere Zeit. Im Jahr 2010 brachte die damalige schwarz-gelbe Regierung einen rechtswidrigen Gesetzesentwurf auf den Weg, der bundesweit negative Beachtung und entsprechende Proteste nach sich zog. Zum Glück wurde das Gesetz nicht im Entferntesten so beschlossen, wie es eingebracht wurde. Und dennoch sind wir sehr froh, dass wir heute mit unserer rot-grünen Mehrheit in diesem Landtag ein neues Versammlungsgesetz beschließen werden, das die Durchführung von Versammlungen in Niedersachsen erheblich verbessern wird.

Die Bannmeile wird abgeschafft. Damit wird künftig auch vor dem Landtag die Möglichkeit geschaffen deutlich die eigene Meinung zu artikulieren von der Ausnahme zu Regel – die Versammlung muss nun nicht mehr bewilligt werden, sondern es muss sehr gut begründet werden, warum eine Versammlung nicht mehr stattfinden kann. Mit dieser Regelung zeigt sich der Landtag dialogbereit und offen für Auseinandersetzungen und die Versammlungsfreiheit gewinnt an diesem Ort einen neuen Stellenwert. Es ist richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir diesen Schritt heute gehen.

Die Kritik, die an dieser Stelle von der Opposition vorgetragen wird, greift hierbei ins Leere. Noch immer wird der Landtag bei der Durchführung von Versammlungen im unmittelbaren Umfeld beteiligt werden. Noch immer wird auf Plenarsitzungen in der Einschätzung der Gefährdungslage Rücksicht genommen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Polizei diese Fragen ignorieren wird und Kundgebungen gegebenenfalls auch Mal am Platz der Göttinger Sieben stattfinden werden. Aber mit dem Wegfall der Bannmeilenregelung setzen wir als Landtag ein Signal, dass das Versammlungsrecht auch hier vor unserem hohen Hause gilt – ja, dass politische Auseinandersetzung hier gewünscht ist. Im Übrigen haben wir seit dem Landtagsumbau faktisch keine Bannmeile mehr und es ist dadurch noch nicht zu Einschränkungen gekommen.

Aber auch auf andere Aspekte des neuen Versammlungsgesetzes möchte ich eingehen. Mit der Festschreibung des Vermummungsverbotes als Ordnungswidrigkeit geben wir der Polizei vor Ort mehr einsatztaktische Spielräume das Versammlungsgeschehen in ihrem Gesamtverlauf einzuschätzen. Die Polizei ist somit nicht mehr gehalten, in eine Versammlung einzugreifen, wenn sich Einzelpersonen vermummen, ohne das ersichtlich ist, dass hieraus eine Gefahr für die Versammlung oder Umgebung entstehen wird. Faktisch agiert die Polizei ohnehin häufig nach dieser Prämisse. Derzeit ist sie aber gesetzlich eigentlich gehalten, es anders zu handhaben. Immer wieder bin ich bei Begleitungen von Demonstrationen auf dieses Thema aufmerksam gemacht worden. Auch und insbesondere von Polizist*innen, die aus anderen Bundesländern hier im Einsatz sind und mit der anderen Rechtslage konfrontiert sind. Es ist richtig, der Polizei an dieser Stelle einen vernünftigen Ermessensspielraum zu geben.

Ein weiterer Schritt hin zu einem versammlungsfreundlichen Gesetz gehen wir mit der Stärkung des Datenschutzes in Bezug auf die Angabe der Daten von Anmelder*innen und Ordner*innen. Hier sind die Anmelder*innen zukünftig nicht mehr verpflichtet, ihre private Anschrift anzugeben, sondern müssen lediglich eine Adresse angeben, unter der sie erreichbar sind. Das kann beispielsweise auch der Arbeitsplatz in einem Gewerkschaftshaus oder ähnliches sein.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich mit der Verabschiedung dieses Gesetzes, vieles in Niedersachsen positiv für die Durchführung von Versammlungen entwickelt. Ich darf im Namen meiner Fraktion sagen, dass wir uns freuen, uns gleich für dieses Gesetz im Landtag erheben zu können.

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