Rede Julia Willie Hamburg: Gesetzentwurf und Antrag (FDP) zum Schulgesetz

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die Forderungen der FDP in diesem Gesetzentwurf und Entschließungsantrag sind ein Sammelsurium vieler unterschiedlichster Themen, die die FDP hier nun in einem Abwasch mal eben erledigen möchte. Spannend ist diese Grundsatzpositionierung, die suggeriert, hiermit die Lösungen vieler Probleme in einer Initiative abräumen zu können. Es wird sie nicht verwundern, Herr Försterling, dass diese Stoßrichtung in der Bildungspolitik, die sie hier einschlagen wollen, nicht auf unsere Zustimmung trifft.

Einige Dinge jedoch begrüßen wir durchaus:

• Die Abschaffung der Schülerbeförderungskosten in der Sek II ist ein überfälliges und wichtiges Anliegen
• Die bessere Besoldung für die Grund-, Haupt-, und Realschullehrkräfte wollen auch wir auf A13 anheben – wie alle Fraktionen im Landtag das im Wahlkampf auch gefordert haben. Hier bin ich gespannt, wann die GroKo diesen Schritt gehen wird und ehrliche gesagt enttäuscht von der Light-Variante, die SPD und CDU an dieser Stelle vorschlagen.
• Vorschulische Sprachförderung darf nach unserer Überzeugung auch nur dann wieder aus der Grundschule verlagert werden, wenn mehr Personal in den Kindertagesstätten eingestellt wurde und somit die Rahmenbedingungen an den Kitas eine solche Sprachförderung ermöglichen
• Und auch die Vorverlegung des Stichtags begrüßen wir sehr – Heiner Scholing hat diese seit jeher gefordert – und freuen uns, dass Sie damit ihren Fehler aus der schwarz-gelben Regierungszeit korrigieren wollen.

Aber natürlich sind diese Aspekte nicht das Herz ihres Antrags. Das Herzstück ihres Antrags ist ein Rollback in der Schulpolitik, rot-grüne Bildungspolitik zurückzudrehen und das gegen den Willen der betroffenen Verbände, gegen die Erkenntnisse von Expertinnen und Experten – ohne Not und auf den Schultern der Lehrkräfte.

Mehrfach haben wir in diesem Landtag über die Wiedereinführung der Förderschule Lernen diskutiert und mehrfach wurde deutlich, dass hier das Rad der von Ihnen damals getroffenen Entscheidung nicht einfach zurückgedreht werden kann. Auch lassen Sie hierbei viele Fragen offen – etwa die Frage, wo die vielen Fachkräfte zum Erhalt der Doppelstrukturen kommen sollen? Oder die noch viel wichtigere Frage: Wie wollen Sie als FDP die Inklusion eigentlich weiterentwickeln? Mit dem Rollback sind Sie doch nicht aus der Verantwortung sich um die UN Behindertenrechtskonvention und die Gestaltung in der Inklusion zu kümmern. Auch die Verbände haben hier im Wahlkampf kollektiv eine deutliche Sprache gesprochen: Inklusion braucht Gestaltung und keine Stoptaste. Jetzt übernehmen Sie doch bitte auch die Verantwortung und setzen Sie sich endlich mal mit der Gestaltung der Inklusion auseinander.

Auch dass Sie nun die Wiedereinführung der Noten in Klasse 3 und 4 und die Schullaufbahnempfehlungen fordern, arbeitet an den Interessen der Schulen, der betroffenen Verbände und der Grundschulkinder vorbei. Während wir mit unserer damaligen Initiative den Schulen den Spielraum gelassen haben, eigenständig zu entscheiden, ob und ab wann sie Noten einführen, wollen Sie diesen Handlungsspielraum einschränken. Und dass obwohl die Fachverbände, die die Grundschullehrkräfte vertreten, sich einhellig für diese Flexibilität ausgesprochen haben. Damit leisten Sie obendrein den ohnehin schon belasteten Grundschullehrinnen und –lehrern einen Bärendienst. Denn die sind am Ende die leidtragenden dieser Rolle rückwärts, denn sie haben jetzt die Konzepte geschrieben, die Verfahren entwickelt, die Schulgesetzänderungen vollzogen. Und sie werden es dann sein, die wieder alles zurückdrehen müssen, neue Konzepte schreiben müssen und somit nicht, wie von ihnen gefordert entlastet – sondern belastet werden. Wir werden dieser Stoßrichtung Ihrer Bildungspolitik in keiner Weise zustimmen können.

Abschließend möchte ich Ihnen gerne noch sagen: Sie können als FDP noch so häufig „Neu denken“ und „Mut zur Erneuerung“ auf Ihre Plakate schreiben. Wenn Sie im Landtag mit Ihren Initiativen permanent den Rückwärtsgang einlegen, wird Ihnen das am Ende keiner glauben.

Vielen Dank.