Rede Helge Limburg: Aktuelle Stunde (SPD) zum Wahlalter 16

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich möchte im Wesentlichen auf den Beitrag des Kollegen Meyer eingehen, nicht weil mich die beiden anderen Beiträge nicht interessiert hätten, sondern weil bei uns, wie Sie sich denken können, sehr viel Einigkeit mit Frau Glosemeyer und Herrn Birkner besteht.

Herr Kollege Meyer, Sie haben gegen das Wahlalter von 16 Jahren ausgeführt, dass das Wahlalter nicht das einzige Mittel der demokratischen Beteiligung sei. Diese Auffassung teile ich ausdrücklich. Insoweit besteht zwischen uns ein Konsens. Aber in unserer parlamentarischen Demokratie ist es schon das Wichtigste. Deswegen meinen wir schon, dass diese Debatte über demokratische Beteiligung nicht darauf beschränkt werden darf, aber schon die zentrale Debatte in Bezug auf politische Beteiligung sein muss.

Herr Kollege Meyer, Sie haben außerdem ausgeführt, dass - auch insoweit haben wir Konsens - durch eine Senkung des Wahlalters keine großen Verschiebungen zu erwarten sind, und dann haben Sie gesagt, daran könne man sehen, dass Sie, die CDU, nicht aus politischem Kalkül argumentierten und dass das Sie von uns unterscheide. - Falls Sie damit sagen wollen, dass wir die Senkung des Wahlalters nur aus politischem Kalkül anbringen, dann weise ich das zurück. Für uns sind andere Argumente handlungsleitend. Denn in der Tat wäre politisches Kalkül hier völlig fehl am Platz, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, ich teile ausdrücklich die Auffassung von Herrn Dr. Birkner, dass das Wahlrecht nicht als erzieherisches Instrument eingesetzt werden kann. Dazu ist das Wahlrecht zu wichtig. Man muss das Wahlrecht auf ein Alter senken, von dem man ausgeht, dass zumindest die Mehrheit der Bevölkerungsgruppe sozusagen in der Lage ist zu wählen und das nicht erst durch das Wahlrecht erlernt. Das muss schon vorher passieren.

Aber durch eine Wahlaltersenkung auf 16 würden wir erreichen, dass in den meisten Fällen - längst nicht in allen Fällen, aber in den meisten Fällen - die erste Wahl noch in die Schulzeit fallen würde. Das würde bedeuten, dass es die Möglichkeit gäbe, im Schulunterricht begleitet über Wahlen zu diskutieren, jetzt auch mit Unterstützung durch Landeszentrale für politische Bildung, die alle vier Fraktionen hier gemeinsam beschlossen haben. Man hätte also die Möglichkeit, im Rahmen der Schule den ersten Wahlgang argumentativ zu begleiten und die jungen Menschen noch stärker zur Demokratie hinzuführen. Wir meinen, das ist ein wichtiger Punkt.

Meine Damen und Herren, es gibt einen Briefwechsel zwischen dem Bündnis Wahlalter 16 und dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Thümler.

Herr Thümler hat einen Brief von dem Bündnis erhalten und hat ihn mit einem offenen Brief beantwortet. Zunächst einmal begrüße ich es ausdrücklich, Herr Thümler, dass in Ihrem Brief wie auch im Beitrag des Kollegen Meyer deutlich geworden ist, dass die Diskussion zum Thema Wahlaltersenkung in der CDU nicht abgeschlossen ist und offensichtlich auch in Ihren Reihen mit großer Ernsthaftigkeit argumentativ geführt wird.

In Ihrem Briefwechsel gehen Sie u. a. auf das Argument der Parteimitgliedschaft ein. Innerhalb der CDU ist die Parteimitgliedschaft schon ab 16 möglich, in anderen Parteien noch früher. In der Tat ist es ein gewisser Widerspruch, wenn wir einerseits davon ausgehen, dass Jugendliche ab 16 oder sogar früher in der Lage sind, einer Partei beizutreten und sich zu engagieren. Sie dürfen Parteiämter annehmen, sie dürfen an parteiinternen Wahlen teilnehmen und können damit die Politik und die Demokratie in diesem Lande deutlich beeinflussen. Dazu, sagen Sie, sind sie reif, aber um andererseits am eigentlichen Wahlakt teilzunehmen, sind sie noch nicht reif. Das ist ein Widerspruch. Auch insofern bitte ich die CDU, ihre Haltung zum Wahlalter auch unter diesem Aspekt noch einmal zu überprüfen.

Es sind verschiedene Studien angesprochen worden. In der Tat neigt - soweit ich das überblicken kann - die Mehrzahl der veröffentlichten Jugend-studien dazu zu sagen: Ja, Jugendliche sind ab 16 Jahren reif für die Wahlmündigkeit.

Das ist unabhängig von der Frage, ob das die drängendste Frage ist. Herr Meyer, natürlich gibt es drängendere Fragen wie Krieg, Flüchtlingssituation, Umweltzerstörung, Klimawandel oder soziale Verwerfungen. All das sind zunächst einmal wichtigere Fragen. Aber das heißt ja nicht, wenn man von der Wahlmündigkeit ausgeht, dass man deshalb zur Beteiligung an demokratischen Wahlen vorenthalten sollte. Wir meinen, es ist Zeit für die Senkung auf 16 Jahre.

Ein letzter Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Im September dieses Jahres sind Kommunalwahlen. Wir alle in diesem Hause wissen, dass das aktive Kommunalwahlalter bei 16 Jahren liegt. Ich kenne keine Partei und keine Kollegin und keinen Kollegen, von der oder dem das infrage gestellt wird und es wieder auf 18 anheben möchte.

Aber wenn wir alle uns hier immer wieder einig sind und die Bedeutung der Kommunalpolitik und die große Bedeutung der Arbeit der Politikerinnen und Politiker in den Kommunen betonen, ist es dann nicht widersinnig zu sagen: „Na ja, bei dieser so bedeutsamen, in der Tat ersten und am nächsten an den Bürgern liegenden demokratischen Instanz dürfen Leute ab 16 mitwählen, aber auf der Landes- und Bundesebene ist das nicht der Fall.“? Das ist in Wahrheit doch nicht in sich logisch zu erklären.

Kommunalwahlen sind ja nicht etwa ein Anhängsel der Demokratie, gleichsam etwas unwichtigere Wahlen, in deren Fall es nicht schadet, wenn auch schon 16- und 17-Jährige wahlberechtigt sind. Nein! Kommunen sind doch die Keimzelle der Demokratie! Wenn wir uns dort im Hinblick auf das Wahlalter 16 einig sind, dann kann ich nicht nachvollziehen, warum wir uns bei Landtagswahlen nicht auf 16 Jahre einigen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich hoffe und gehe davon aus, dass die Beratungen im Rechtsausschuss genauso konstruktiv weitergeführt werden wie hier in dieser Aktuellen Stunde; so ist das im Rechtsausschuss zu erwarten. Vielleicht gelingt es uns nach der Anhörung noch, zu einem gemeinsamen Beschluss zu kommen.

Vielen Dank.

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