Rede Anja Piel: Gesetzentwurf (SPD/CDU) und Antrag zum Kita-Gesetz

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

nach dem Schulgesetz will die GroKo jetzt auch ein Kita-Gesetz im Schweinsgalopp durch den Landtag bringen.

„Eile vor Sorgfalt“ scheint das Motto der GroKo für die Bildungspolitik in dieser Wahlperiode zu sein. Die Qualität der Kitas wird durch Ihren Gesetzentwurf nicht besser. Im Gegenteil, Sie werden damit Chaos in die Kitas tragen.

Kinder brauchen Menschen, die Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Die Eltern und auch die Erzieherinnen und Erzieher warten seit langem auf ein neues Kita-Gesetz. Sie fordern zurecht, dass in jeder Kindergartengruppe eine dritte Fachkraft eingesetzt wird.

Eltern und Erzieher wünschen, dass sie mehr Zeit für ihre Aufgaben bekommen. Dafür hat die Kita-Volksinitiative schon im Jahr 2013 mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt. Und obwohl Sie das genauso wissen wie wir, findet sich nichts von diesen Forderungen in Ihrem Gesetzentwurf. Dieser Gesetzentwurf wird am Ende des Tages eine große Enttäuschung für die Eltern und für die Erzieherinnen und Erzieher werden.

Sie beschränken sich darauf, die Elternbeiträge für die Kindergartengruppen abzuschaffen und die Sprachförderung vor der Einschulung von den Schulen auf die Kindertagesstätten zu übertragen.

Das wird sicher einige der Eltern erstmal freuen.

Die Abschaffung der Elternbeiträge ist ein Ziel, das auch wir unterstützen. Aber es kann nur der zweite Schritt sein. Zuerst ist es notwendig, die Qualität zu verbessern. Denn was nützt es den Eltern, dass sie keine Beiträge mehr zahlen müssen, wenn dann in der Kita die Erzieherinnen und Erzieher fehlen, um ihr Kind gut zu betreuen?

Sie, Ministerpräsident Weil, haben die Abschaffung der Elternbeiträge als eines der großen bildungspolitischen Ziele in dieser Legislaturperiode bezeichnet.

Damit versprechen Sie mehr, als Sie halten können. Und bei den Kosten haben Sie sich total verkalkuliert. Das war ja an der Auseinandersetzung mit den Spitzenverbänden in den letzten Wochen gut zu erkennen. Sie sollten den Eltern schon die Wahrheit sagen: Abgeschafft werden die Elternbeiträge nur für die 3- bis 6-Jährigen. Für Krippenplätze und für Kindertagespflege werden die Eltern auch weiterhin bezahlen müssen.

Kostenfreie Bildung von Anfang an ist es also nicht, was Sie mit diesem Gesetz erreichen werden. Trotzdem wird diese Reform so teuer, dass in dieser Wahlperiode für qualitative Verbesserungen in den Kitas sicher kein Geld mehr zur Verfügung stehen wird. Und das, obwohl die Landeseinnahmen sprudeln.

Selbst die Mittel, die vom Bund kommen sollen und die ursprünglich für die Qualitätsverbesserung gedacht waren, wollen Sie jetzt für die Beitragsfreiheit verwenden, weil Sie sich bei diesen Kosten so verkalkuliert haben. Das ist wirklich ein Skandal.

Sie wissen doch überhaupt nicht, worauf Sie sich hier eingelassen haben!

Im Wahlkampf machen Sie ein schönes Versprechen, und denken noch gar nicht an die Kosten. Im ersten Gesetzesentwurf greifen Sie wahllos einen Betrag – 250 Millionen EURO haben Sie damals veranschlagt. Und jetzt kostet das ganze plötzlich schon doppelt so viel.

Wissen Sie eigentlich, was Sie sich da eingebrockt haben?

Hat das mal jemand solide durchgerechnet?

In den Verhandlungen mit den Kommunen wird das Land noch mehr Geld drauflegen müssen, und am Schluss werden die Kosten doppelt so hoch liegen wie ursprünglich gedacht. Und das alles, wie gesagt, ohne auch nur das Geringste für die Verbesserung der Kita-Qualität zu tun. Eine handwerklich dermaßen schlechte Arbeit ist wirklich beispiellos. Und sie ist auch verantwortungslos. Und sie geht auf Kosten der Kinder und ihrer Eltern.

Als Zweites wollen Sie die frühkindliche Sprachförderung von den Grundschulen auf die Kitas übertragen. Das ist grundsätzlich richtig. Wir haben das bereits seit vielen Jahren gefordert. Aber auch das machen Sie schlecht.

Weil Sie es so eilig haben!

Ende Juli soll das Gesetz verabschiedet werden. Ab dem nächsten Schuljahr, also ab August, soll es schon gelten. Bis dahin müssen die Träger ein pädagogisches Konzept entwickelt haben.

Das Rahmenkonzept, mit dem zu Beginn des kommenden Kita-Jahres die Sprachkompetenz der Kinder erfasst werden soll, und mit dem die Kinder individuell gefördert werden können, das gibt es dann noch gar nicht!

Die zusätzlichen Fachkräfte für die Sprachförderung stehen den Kitas aber noch gar nicht zur Verfügung. Es ist unwahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Kitas diese Fachkräfte bis zum August finden wird. Es ist auch völlig unklar, wie das Geld des Landes bedarfsgerecht auf die einzelnen Kitas verteilt werden soll.

Dieses völlig übereilte Vorgehen wird im Herbst zu einem großen Chaos in den Kitas führen!

Im kommenden Jahr wird für einen ganzen Jahrgang die Sprachförderung vor der Einschulung weitgehend ausfallen!

Ich kann nur dringend an SPD und CDU appellieren, die Übertragung der Sprachförderung auf die Kitas um ein Jahr aufzuschieben, um sie erstmal solide vorbereiten zu können. Das klappt sonst alles nicht!

Noch ein paar Worte zu dem FDP-Antrag, der jetzt auch beraten wird. Es ist richtig, dass die Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher attraktiver werden muss, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu muss das Schulgeld gestrichen und eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden.

Aber: Es wird kaum möglich sein, dass das Land die Kosten für die Ausbildungsvergütung übernimmt. Das tut es auch für keine andere Berufsausbildung. Die FDP beziffert die Kosten auf 140 Millionen Euro. Wo dieses Geld herkommen soll, sagen Sie nicht. Man kann ja sagen, dass es bei den exorbitanten Kosten für das Kita-Gesetz der GroKo darauf auch nicht mehr ankommt.

Es ist aber klar, dass bei solchen Mehrkosten für eine Qualitätsverbesserung erst recht kein Geld mehr übrig bleibt.

Wir werden dem FDP-Antrag deshalb ebenfalls nicht zustimmen können.

Vielen Dank.

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