Meta Janssen-Kucz: Rede zur Sicherstellung von qualifiziertem ärztlichen Fachpersonal im öffentlichen Gesundheitsdienst

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Unser Gesundheitswesen besteht aus 3 Säulen: der ambulanten und stationären Versorgung und dem öffentlichen Gesundheitsdienst.

Doch diese 3. Säule des Gesundheitswesens bröckelt! Allein im kommenden Jahrzehnt geht jeder zweite Arzt im ÖGD in Rente! Es bröckelt also nicht nur, hier bricht mit Ansage gerade ein unverzichtbarer Teil unseres Sozialstaates weg und damit auch eine treibende Kraft für die gesundheitliche Chancengleichheit der Menschen vor Ort. Von daher bin ich den Koalitionsfraktionen dankbar, dass sie dieses Thema nun auf die Tagesordnung setzen.

Anrede

Jede und jeder mit einem kommunalpolitischen Mandat kennt den Öffentlichen Gesundheitsdienst seines Landkreises, das Gesundheitsamt vor Ort mit seinen vielfältigen Aufgaben. Aus dem Sozial- und Gesundheitsausschuss, dem Jugendhilfeausschuss kennen wir die Aktivitäten und unterstützen sie und bauen sie nach den Bedarfen vor Ort aus und finanzieren sie.

Unsere Gesundheitsämter, sind sehr unterschiedlich aufgestellt und übernehmen im Rahmen der Daseinsvorsorge die öffentliche Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung. Das Wichtigste ist aus meiner Sicht die zivilgesellschaftliche Orientierung und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren. f. Der ÖGD hat eine ganze Bandbreite von Aufgaben, der Fokus liegt jedoch maßgeblich auf der Förderung von Gesundheit und der Prävention von Krankheiten.

In den Gesundheitsregionen in Niedersachsen ist der ÖGD der treibende Motor, gerade für die vielfältigen Modellprojekte. Unverzichtbar ist die sozialwissenschaftliche und gesundheitswissenschaftliche Qualifikation der Akteure im ÖGD.

Anrede

Wir kennen alle seit Jahren die Probleme im ÖGD fachlich hochqualifiziertes Personal zu bekommen. Vor allem in ländlich strukturierten Gebieten kommt rund um die nicht ausreichende hausärztliche und fachärztliche Versorgung noch eine weitere gesundheitliche Problemlage dazu.

Mehrfach Ausschreibungen sind dabei an der Tagesordnung. Dazu kommt, dass die Bezahlung nach TVÖD im Vergleich zu medizinischen Personal in Kliniken nicht attraktiv ist, also im Klartext unterbezahlt ist.

Unterbezahlt auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen, denen sich der ÖGD stellt! Denn neben denn präventiven Aufgaben, sind in den letzten Jahren verstärkt planerische und koordinierende Aufgaben hinzugekommen.

Anrede

Die Gesundheitsministerkonferenz hat im Juni ein Leitbild für einen modernen und zukunftsfähigen ÖGD beschlossen und macht damit nochmal mehr als deutlich, dass der ÖGD die öffentliche Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung hat. Die Regelungskompetenz befindet sich bei den Ländern, deshalb sind ihre Forderungen nach bundeseinheitlichen Lösung schon mal schwierig.

Ein einheitlicher Ärztetarif könnte die finanzielle Benachteiligung des ÖGD ausgleichen, ist aber mehr als das Bohren von dicken Brettern. Im alten BAT Bundesangestelltentarif wurde nicht zwischen Klinikärzten und anderen Ärzten unterschieden, dadurch war der Wechsel aus der Klinik in den öffentlichen Dienst ohne tarifrechtliche Nachteile möglich. Heute verhandelt der Marburger Bund den Tarifvertrag der Klinikärzte und der ÖGD bleibt außen vor.

Anrede

Die Forderung nach einem Lehrstuhl für öffentliches Gesundheitswesen unterstützen wir Grüne voll und ganz. Bisher gibt es nichts desgleichen bundesweit, Niedersachsen könnte und sollte hier eine Vorreiterrolle übernehmen!  Ich mache mir aber wenig Hoffnung, wenn ich mir den Haushalt des dafür zuständigen Wissenschaftsministeriums anschaue.

Anrede,

Auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung liegt im Argen. Das was wir bisher haben ist eine Weiterbildung zum Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen, sowie eine abgespeckte sechsmonatige theoretische Weiterbildung, die aber nicht mit dem Facharzt endet.

Die Realität ist jedoch, dass im Medizinstudium die öffentliche Gesundheitspflege offenbar so gut wie gar keine Rolle spielt. Das muss sich dringend ändern und wir müssen nach Wegen suchen, die Forderung der GMK aus 2014 endlich umzusetzen.

Anrede

Als die dritte Säule des Gesundheitswesens darf der öffentliche Gesundheitsdienst nicht weiter wegbrechen, hier muss gehandelt werden und zwar schnell, denn der ÖGD ist eine tragende Säule unseres Sozialstaats und für die gesundheitliche Chancengleichheit für alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen.

Ich bin gespannt auf die Ausschussberatungen, in denen wir natürlich auch mit Vertreterinnen und Vertretern des ÖGD ins Gespräch kommen und uns die Herausforderungen aus ihrer Sicht anhören sollten.

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