Meta Janssen-Kucz: Rede zur Enquetekommission zur medizischen und pflegerischen Versorgung in Niedersachsen

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede

im November haben wir noch in der Debatte um die Einsetzung der Enquete gemeinsam deutlich gemacht, welche unterschiedlichen Initiativen und Gesetzesänderungen zur medizinischen Versorgung in Niedersachsen auf den Weg gebracht wurden.

Über die Fraktionsgrenzen hinweg haben wir bspw. den Aufbau der European Medical School EMS in Oldenburg und damit mehr Studienplätze für Medizin und in der klinischen Ausbildung auf den Weg gebracht. Ebenso die Erhöhung der Investitionsmittel für die Krankenhäuser.

Unser gemeinsames Ziel war immer mehr Qualität, Prävention und Kontrolle in unseren Krankenhäusern und mehr Patientensicherheit und Vertrauen in unser Gesundheitssystem.

Doch statt auf diesem wertvollen Konsens aufzubauen, geht die Große Koalition bei der Enquete Kommission nun einen fatalen Alleingang.

Anrede,

das Deutsche Gesundheitssystem gilt als eines der komplexesten weltweit: wir haben eine Vielzahl von Einrichtungen, Strukturen, Akteuren (und damit auch Interessen!), rechtlichen Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten.

Das macht Gesundheitspolitik auf Landesebene so schwierig. Wir kriegen hier in Niedersachsen immer wieder unsere Grenzen aufgezeigt, weil wir bspw. keine Gesetzgebungskompetenz haben, weil der Sicherstellungsauftrag bei der Kassenärztlichen Vereinigung liegt, oder weil die Bedarfsplanung so ist wie sie ist.

Die Einsetzung einer Enquete Kommission ist daher ein guter Weg, um notwendige Lösungsansätze und Gestaltungsoptionen zu erarbeiten.

Anrede

es bestehen vielfältige Handlungsbedarfe, z.B. in der Krankenhausstruktur und -finanzierung, in der medizinischen und pflegerischen Versorgung, vor allem im ländlichen Raum. Aber wir müssen auch an die Notfallversorgung, die Geburtshilfe, therapeutische Berufe usw. ran und wir müssen sektorenübergreifend denken und handeln.

Aber genau das scheint die Große Koalition lieber nicht anpacken zu wollen. Lieber die Minenfelder, die Auseinandersetzung mit gewachsenen, teilweise betonierten Strukturen vermeiden. Bloß keine zu dicken Bretter bohren, das könnte anstrengend werden mit der Groko in Berlin und mit den unterschiedlichen Standesvertretungen. Und ja - es könnte möglicherweise auch Geld kosten.

Anders kann ich mir Ihre Ablehnung der Erweiterung des Arbeitsauftrages der Enquete um den Bereich der Pflege, der ambulanten und stationären Pflege, die Notfallversorgung von Kindern, die mögliche Steuerung über Portalkliniken und das Neudenken von notwendigen Sektorenübergreifenden Angeboten nicht vorstellen.

Auch das breite Themenfeld Digitalisierung in der Medizin und Pflege überlassen Sie lieber dem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium!?

Anrede

wir brauchen langfristige und tragfähige Lösungen, die auf breiter Basis gefasst werden und auch mal eine Legislaturperiode überdauern. Und dafür müssen wir die Scheuklappen ablegen und über die medizinische, ärztliche UND pflegerische Versorgung in der Enquete beraten!

Was nützt es denn einem Patienten, wenn er zwar im besten Krankenhaus weit und breit behandelt wird, aber im Anschluss keinen Pflegedienst findet?

Wenn wir die Pflege nicht mitdenken, vergeben wir die einmalige Chance, unser Gesundheitssystem wirklich zukunftsfähig aufzustellen. Sie doktern aber offenbar lieber weiter an einzelnen Stellen rum, statt das gesamte System in den Blick zu nehmen.

Anrede

man kann doch nicht ernsthaft in der Enquete darüber diskutieren, welche ärztlichen Tätigkeiten delegiert werden können ohne sich anzugucken, welche Auswirkungen das in der Pflege hat.

Fakt ist und bleibt, dass die Pflege mit Sicherheit nicht noch mehr zusätzliche Arbeit gebrauchen kann. Wenn examinierte Pflegekräfte Ärzte entlasten sollen, wie es in anderen Europäischen Ländern erfolgreich praktiziert wird, muss man die Pflegekräfte an anderer Stelle entlasten und auch über neue Berufsbilder in der Pflege sprechen.

Da einfach von Sammelsurium zu sprechen, lieber Kollege Schwarz, finde ich mehr als despektierlich. Das wird nicht nur unserem Änderungsantrag, sondern vor allem den großen Herausforderungen in der Pflege absolut nicht gerecht.

Nochmal zum Mitschreiben: der Zusammenhang zwischen der Personalsituation in der Pflege und der Patientensicherheit dürfte mittlerweile allen bekannt sein. Das haben nicht nur etliche Studien, sondern auch der Sonderausschuss zu den Krankenhausmorden eindeutig belegt.

Die Personalausstattung ist quasi ein limitierender Faktor für die Patientensicherheit und die gehört deshalb mit auf die Tagesordnung der Enquete. Solange wir nicht mehr Pflegepersonal haben, werden alle anderen Maßnahmen nur begrenzt Wirkung entfalten können.

Anrede

Wir Grüne wollen keine Schmalspur Enquete und auch keine Placebo-Enquete!

Wir wollen das ganze System in den Blick zu nehmen, damit auch ganzheitliche Lösungs- und Handlungsansätze für die Menschen in Niedersachsen erarbeiten.

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