Imke Byl: Rede zur Aufnahme des Staatszieles „Klimaschutz“ in die Niedersächsische Verfassung (Gesetzentwurf GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

„Wir wollen keine Sonntagsreden schwingen, sondern handeln und unsere selbst gesteckten Klimaziele umsetzen. Das sind wir unseren Kindern und Enkelkindern schuldig.“

Große Worte. Dieser weise Satz kommt nicht von mir, sondern stammt aus einer Pressemitteilung von Umweltministers Olaf Lies (vom 7.8.18).

Die Große Koalition und auch Herr Lies sind jetzt seit einem Dreivierteljahr, seit über 240 Tagen im Amt. Wir haben uns die Mühe gemacht und alle Klimaschutzmaßnahmen, die seitdem auf den Weg gebracht worden sind, aufgelistet.

Herausgekommen ist: Nichts.

Meine Fraktion hat dagegen bereits vorgelegt und im Februar ein fertiges Klimagesetz zu Klimaschutz und Klimaanpassung in den Landtag eingebracht.

Bis heute von der Großen Koalition:  Nichts. Nicht einmal eine Reaktion.

Ein unter Grün erarbeitetes Landesenergieszenario mit dem Weg hin zu 100 % Erneuerbaren liegt vor. Auch das in diesem Klimagesetz festgeschriebene Integrierte Energie- und Klimaschutzprogramm mit konkreten Klimaschutzmaßnahmen liegt dem Umweltministerium vor.

Und was ist mit all dem passiert seitdem die Große Koalition die Regierung stellt? Nichts.

Währenddessen höre ich immer wieder schöne Reden zum Klimaschutz und zur Energiewende durch unseren Umweltminister im Plenum, bei Pressekonferenzen, bei Terminen. Auch die Festetellung, dass man jetzt aber wirklich mal was tun müsse. Es ist erstaunlich, wie viel man über den Klimaschutz reden kann, ohne auch nur eine einzige richtige Maßnahme anzugehen. Dann aber auch noch Pressemitteilungen herauszugeben, wo man sich selbst über Sonntagsreden beschwert, da fehlen einem dann langsam wirklich die Worte. Das ist zynisch. Während wir hier reden und die Große Koalition im Bereich Klimaschutz immer noch nicht angefangen hat zu arbeiten, werden weiterhinviel zu viele Treibhausgase ausgestoßen, wird die Klimakrise immer weiter angeheizt. Dieser Hitzesommer ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird.

Wir haben nur noch ein paar Jahre, wenn wir die Klimakrise auf ein menschenverträgliches Maß begrenzen wollen. Diese Jahre müssen wir unbedingt nutzen!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

morgen tagt wieder die Kohlekommission der Bundesregierung. Ohne einen schnellen Kohleausstieg sind unsere Klimaziele wertlos, völlig unerreichbar. Und trotzdem wird noch verhandelt. Umweltminister Lies vertritt Niedersachsen in der Kohlekommission. Und genau das erwarte ich auch von ihm. Dass er sich für unsere Küste einsetzt, die vom Meeresspiegel bedroht ist. Dass er sich für unsere Landwirtschaft einsetzt, die mit den Klimaveränderungen kämpft. Dass er sich für all die Menschen einsetzt, die durch sich häufende Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hochwasser bedroht sind. Und auch, dass er sich für all die vielen Menschen einsetzt, die hier in Niedersachsen in der Solar- und vor allem in der Windkraftbranche arbeiten.

Ohne die Windkraft funktioniert keine Energiewende. Und doch ist genau diese Branche durch die EEG-Novelle oder eher gesagt durch die Verhinderungspolitik der CDU-SPD-Bundesregierung akut bedroht. Nicht nur Enercon baut massiv Arbeitsplätze ab. Wir haben das ganze Ausmaß vorhin in der Aktuellen Stunde schon besprochen.

Herr Lies, Sie haben die Pflicht, sich in der Kohlekommission für all diese Menschen und für einen schnellen Ausstieg einzusetzen. Für die Energiewende, für den Klimaschutz!

Und was lese ich stattdessen am Montag? Dass sich Lies gemein macht mit den fünf Kohleländern und „Augenmaß beim Kohleausstieg“ fordert! Erklären Sie das mal den Menschen, die aufgrund der verheerenden Verhinderungspolitik der Großen Koalition im Bund nun arbeitslos werden! Das lässt einen doch fassungslos zurück!

Ich bitte um Aufklärung. Ist Ihnen der Ernst der Lage bewusst? Diese Kohlekommission droht zu einem Vollfiasko zu werden, und unser Umweltminister hat nichts Besseres zu tun, als Stimmung gegen einen schnellen Kohleausstieg zu machen?

Wir kämpfen doch für den Klimaschutz und für die Energiewende!

Genau daran wollen wir ihn heute erinnern. Und wir wollen endlich Taten der GroKo statt immer nur Worte! Deshalb bringen wir hier den Antrag ein, Klimaschutz in die Landesverfassung aufzunehmen. Genau dieser Vorschlag kommt von Umweltminister Lies, der ihn medienwirksam bei einer Pressekonferenz vorgestellt hat, damit es nicht immer nur „bei Sonntagsreden“ bleibe. Da nehmen wir ihn doch wirklich gerne beim Wort!

Doch der Klima-Check, der mit dem Klimaschutz in der Landesverfassung einhergehen soll, bringt allein rein gar nichts, wenn er dann keine Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen hat. Wenn am Ende trotzdem weiter die Autobahnen gebaut werden, ein neues Kohlekraftwerk in Stade kommt, unsere Moore weiter zerstört werden und die Massentierhaltung nicht endlich beendet wird, dann ist das nicht mehr als Symbolpolitik!

Und genau deshalb belassen wir es hier nicht bei Sonntagsreden. Stattdessen legen wir zusätzlich zum Antrag an die Verfassung ein Sofortprogramm Klimaschutz vor, mit dem die GroKo und auch der Umweltminister endlich direkt anfangen können zu arbeiten.

Wir fordern

  • das versprochene Klimagesetz und eine Bundesratsinitiative für eine angemessene CO2-Bepreisung, damit Klimazerstörung endlich etwas kostet!
  • das neue Kohlekraftwerk in Stade verhindern und raus aus der Kohle!
  • einen Bürgerenergiefonds, mit dem Niedersachsen direkt die Bürgerinnen und Bürger
    unterstützt!
  • ein Bonus-Programm für die energetische Gebäudesanierung und mehr Energieeffizienz!
  • den Ausbau der A39, der A20 und der A33-Nord stoppen und stattdessen Geld in Bus

und Bahn investieren!

Und wir müssen die Tierhaltung endlich an die verfügbaren Flächen koppeln und raus aus der Massentierhaltung!

Wir haben Maßnahmen vorgelegt. Jetzt sind Sie dran. Nehmen Sie sich selbst beim Wort, hören Sie mit den Sonntagsreden auf und fangen Sie endlich an zu handeln!

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