Antrag: Zum Gesundheitsschutz der Menschen – Reserveantibiotika bleiben der Humanmedizin vorbehalten

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen stellt ein ernsthaftes Gesundheitsproblem dar. Antibiotikaresistenzen bei Menschen sind insbesondere auch auf den unsachgemäßen Gebrauch von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin zurückzuführen. Studien belegen zudem einen Zusammenhang zwischen dem vermehrten Auftreten von so genannten „Nutztier-assoziierten“ multiresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) in Regionen mit einer intensiven Tiermast. Dies geht auch aus einer Information des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) im Rahmen des Antibiotika-Resistenz-Monitorings in Niedersachsen (ARMIN) hervor. Die Ursachen von Antibiotika-Resistenzen, darunter der unsachgemäße Einsatz, müssen folglich stärker bekämpft werden, um erkrankten Menschen und Tieren, die auf Antibiotika angewiesen sind, auch in Zukunft bestmöglich helfen zu können.

Nach der vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation (DIMDI) seit dem Jahre 2011 jährlich durchgeführten Erfassung der von pharmazeutischen Unternehmern und Großhändlern an Tierärzte abgegebenen Antibiotika zeichnet sich eine leicht positive Tendenz ab: Während im Jahr 2011 noch 1.706 Tonnen der vornehmlich bei Nutztieren eingesetzten Antibiotika vertrieben wurden, ist die Gesamtmenge im Jahr 2013 auf 1.452 Tonnen zurückgegangen. Eindeutig negativ ist demgegenüber jedoch die Entwicklung beim Vertrieb von Antibiotika, die dem Einsatz in der Humanmedizin grundsätzlich vorbehalten bleiben sollten („Reserveantibiotika“): Bei den Cephalosporinen der dritten Generation ist die Abgabe innerhalb von zwei Jahren um 15 % angestiegen, bei den Fluorchinolonen sogar um 50 %. Diese Wirkstoffe sind in der Humanmedizin von besonderer Bedeutung, weil sie als Reserveantibiotika in den Fällen eingesetzt werden, in denen andere Antibiotika bei multiresistenten Keimen nicht mehr wirken.

Der Landtag begrüßt in diesem Zusammenhang die bereits getroffenen Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung der Niedersächsischen Antibiotika-Strategie in der Humanmedizin wie auch in der Veterinärmedizin.

Der Landtag fordert die Landesregierung darüber hinaus auf,

  1. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Reserveantibiotika  für die Humanmedizin einheitlich definiert werden, diese Stoffe wie beispielsweise Carbapeneme und Glykopeptide der Humanmedizin vorbehalten bleiben und wirksame Sanktionen bei Verstößen gegen eine solche Regelung entwickelt werden;
  2. darauf hinzuwirken, dass die Anwendung weiterer kritischer Antibiotika, die grundsätzlich einer Anwendung in der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollten, in der Veterinärmedizin nur unter bestimmten Bedingungen möglich sein sollte: Die Anwendung dieser Antibiotikaklassen sollte mit der Pflicht zur Durchführung eines Erregernachweises und eines sog. Antibiogramms verknüpft sein. Darüber hinaus sollte der Einsatz bei landwirtschaftlichen Nutztieren nur möglich sein, nachdem die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements – inklusive Impfprogramme – erfolglos war. Zudem sollte die Anwendung ausschließlich durch den bestandsbetreuenden Tierarzt persönlich oder unter seiner Aufsicht und Anweisung erfolgen. Ihre Anwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren ist der zuständigen Veterinärbehörde mitzuteilen und ein Sanierungsplan für die Betriebe ist festzulegen;
  3. die landwirtschaftlichen Betriebe bei der Erstellung des Sanierungsplans durch Beratungen zu unterstützen.

Begründung

Antibiotika sind für die Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin unverzichtbar. Um der Herausforderung zunehmender Antibiotika-Resistenzen wirksam zu begegnen, müssen neue Resistenzbildungen und die Weiterverbreitung von resistenten Keimen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, Arztpraxen) und in Tierhaltungen vermieden werden.

Die Häufigkeit des Antibiotikaeinsatzes und Hygienemängel sind entscheidende Einflussfaktoren für die Entwicklung und Weiterverbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Tier- wie Humanmedizin. Der Austausch von multiresistenten Bakterien zwischen Mensch und Tier ist nachgewiesen. Welche zunehmende Relevanz Multiresistenzen in der Tiermedizin und damit im Lebensmittelbereich haben, hat jüngst auch eine Mitte Januar 2015 veröffentlichte Studie des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) deutlich gemacht, nach der auf 88 % der 57 Proben des bei fast allen deutschen Lebensmitteldiscountern gekauften Putenfleisches multiresistente MRSA- und ESBL-Keime gefunden wurden.

Zurück zum Pressearchiv