Antrag: HVV Qualitätsoffensive- Nahverkehr im Hamburger Umland stärken, optimieren, vernetzen und ausbauen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Im Hamburger Verkehrsverbund werden mittlerweile an durchschnittlichen Werktagen 2,6 Millionen Fahrgäste mit Bussen, Bahnen und Fähren transportiert. Die Nachfrageentwicklung stieg alleine im Zeitraum von 2011 bis 2016 von 696,7 Millionen Fahrgäste in 2011 auf 770,5 Millionen Fahrgäste in 2016 an. Die Tendenz ist steigend und es gilt diesen Aufwärtstrend zu verstetigen und weiter voranzubringen. Ein abgestimmtes Verkehrsangebot, ein Tarif und eine Fahrkarte sind die Vorteile des HVV und zentraler Bestandteil des Angebotes im HVV. Die Bundesländer und Kreise, die als Aufgabenträger zur Organisation und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs verpflichtet sind, haben zur Umsetzung dieses Angebotes die Gesellschaft Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) gegründet. Mit drei Bundesländern, sieben Kreisen, 30 Verkehrsunternehmen und rund 3,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner deckt das Tarifgebiet einen Großteil der Metropolregion Hamburg ab. Die Streckenlänge im HVV-Tarifgebiet beträgt rund 15.000 km. Im Rahmen einer Angebotsoffensive sind im Hamburger Stadtgebiet zum Fahrplanwechsel am 09.12.2018 umfangreiche Verbesserungen in Kraft getreten. Ziel muss es sein, auch im Hamburger Umland möglichst zeitnah Maßnahmen zur Angebots- und Qualitätssteigerungen auf den Weg zu bringen, um die Akzeptanz für den öffentlichen Personennahverkehr weiter zu erhöhen. Viele Maßnahmen sind bereits seit der Gründung des HVV auf den Weg gebracht worden. Dazu zählen unter anderem das Alkoholverbot, die HVV-App und die Echtzeitabfrage auf den Schienenstrecken. Es wurde eine Arbeitsgruppe „barrierefreier ÖPNV“ ins Leben gerufen.

Dennoch bleibt festzustellen, dass insbesondere aufgrund der Kapazitätsprobleme im Hamburger Hauptbahnhof die notwendigen Weiterentwicklungen im HVV derzeit eingeschränkt sind. Bereits im Jahr 2009 warnte eine Studie des Bundes vor Engpässen im Hamburger Hauptbahnhof. Die Überlastung des Hamburger Hauptbahnhofs zeigt sich aber nicht nur daran, dass er zu klein für die große Anzahl von Fahrgästen ist. Auch bei den Schienen sind mit täglich 800 Fern- und Nahverkehrszügen sowie 1200 S-Bahnen die Kapazitäten ohne Veränderungen ausgereizt. Dadurch kommt es zu regelmäßigen Doppelbelegungen von Gleisen mit zwei Regionalbahnen gleichzeitig. Die hohe Verkehrsdichte am Hamburger Hauptbahnhof führen zunehmend zu Verspätungen.

In mehreren Studien wurden in den vergangenen Jahren Handlungsoptionen für die Stärkung des schienengebundenen Nahverkehrs im südlichen Hamburger Umland untersucht. Diese zahlreichen Studien können eine gute Grundlage zu Verbesserungen im HVV-Bereich sein.

Der Landtag begrüßt,

  • die geplante Verlängerung der Bahnsteige in Sagehorn und Bremen-Oberneuland auf 220 m als wichtigen Beitrag für den Einsatz von Sieben-Wagen-Zügen auf der Strecke Hamburg-Buchholz-Rotenburg/Wümme-Bremen.
  • dass die Landkreise Cuxhaven, Heidekreis, Rotenburg/Wümme und Uelzen gemeinsam mit Hamburg eine Erweiterung des Hamburger ÖPNV-Netzes auf niedersächsischer Seite vorantreiben.
  • dass zum Fahrplanwechsel 2018/2019 die Durchbindung der RB 38 (Heidebahn) von Buchholz nach Hamburg-Harburg als erster Schritt für eine spätere mittelfristige Durchbindung bis Hamburg-Hauptbahnhof an Wochenenden im Probebetrieb begonnen hat.
  • dass in Hansenetz durch die LNVG zum Fahrplanwechsel 2018/2019 eine zweistündliche Direktverbindung im Nahverkehr zwischen Hannover und Hamburg geschaffen worden ist sowie der ab 2018 beginnenden Modernisierung der Schienenfahrzeuge des Hansenetzes eine schrittweise Ausstattung mit WLAN erfolgt.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. zu prüfen ob eine Durchbindung der RB 38 (Heidebahn) bis Hamburg-Harburg nicht nur an den Wochenenden mittelfristig erreicht werden kann. Weiterhin sollen die Möglichkeiten eines Halbstundentaktes auf der Heidebahn geprüft werden. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten besserer Taktungen von Hamburg nach Buchholz/ Tostedt zu prüfen.
  2. zu prüfen, ob mittelfristig eine Direktverbindung im Nahverkehr zwischen Hannover und Hamburg im Stundentakt durchgeführt werden kann. Gleichzeitig sollten die Möglichkeiten besserer Taktungen von Hamburg nach Lüneburg/ Uelzen geprüft werden.
  3. zu prüfen, ob für die Pendler aus dem Amt Neuhaus die Bahnstationen zwischen Büchen und Brahlstedt zeitnah mit in den HVV aufgenommen (Lückenschluss) werden können, da das Amt Neuhaus mit zum HVV-Bereich gehört.
  4. in Zusammenarbeit mit der Hansestadt Hamburg und den beteiligten Landkreisen eine Reform der Tarifzonen im HVV anzustreben. Insbesondere soll die Tarifzoneneinteilung für die Bahnbenutzer*innen in den Städten Buchholz, Buxtehude und Winsen/Luhe optimiert werden (Tarifring C bzw. B statt Tarifring D). Eine Optimierung darf nicht zu negativen Auswirkungen bei der Zuordnung anderer Haltebahnhöfe führen. Über eine entsprechende Aufteilung der Ausgleichszahlungen ist ebenfalls mit der Hansestadt Hamburg zu verhandeln.
  5. die Möglichkeiten der Reaktivierung von Bahnstrecken im HVV-Bereich/ Hamburger Umland zur Angebotsverbesserung erneut in einem weiteren Prüfverfahren zu analysieren.  
  6. die Ausbaumaßnahmen des Schienenausbauprojektes Alpha E voranzutreiben. Insbesondere die Planung der Erweiterung der Bahnstrecke Lüneburg-Uelzen durch ein drittes Gleis mit allen erforderlichen übergesetzlichen Lärmschutzmaßnahmen für die Betroffenen Menschen entlang der Strecke muss schnellstmöglich transparent auf den Weg gebracht werden. Darüber hinaus sind alle Ausbaumaßnahmen wie Neubaumaßnahmen zu behandeln und mit entsprechenden Lärmschutz zu auszustatten. In Zusammenarbeit mit den in der Metropolregion Hamburg aktiven Eisenbahnunternehmen auf Bundesebene und im Dialog mit der Hansestadt Hamburg müssen durch Güter- und Fernverkehre ausgelöste Trassenkonflikte abgemildert werden. Im Zuge eines dreigleisigen Ausbaus zwischen Lüneburg und Uelzen ist die Einrichtung eines Haltepunktes in Deutsch-Evern anzustreben.
  7. sich für alle erforderlichen Infrastrukturausbaumaßnahmen gegenüber dem Bund und der DB einzusetzen, um Kapazitätsmöglichkeiten zu erhöhen, Taktungen in Rand- und Stoßzeiten zu erhöhen und eine bessere Pünktlichkeit zu erreichen. Zu prüfen sind auch Nachrüstungen von Weichen und Signalanlagen auf der Strecke zwischen Lüneburg und Maschen, um auch Zugüberholungen Richtung Hamburg zu ermöglichen, die heute trotz des dritten Gleises nicht möglich sind. Der Ausbau des Bahnhofes Lüneburg-Westseite mit 2 Bahnsteiggleisen und einer Fahrmöglichkeit Richtung Uelzen ist anzustreben. Eine Elektrifizierung des Streckenabschnittes Lüneburg-Büchen ist zeitnah anzustreben, damit die Strecke als Umleitungsstrecke nach Hamburg bei Vollsperrungen genutzt werden kann. Die Verlängerung der Bahnsteige an den Haltepunkten Hittfeld und Klecken ist weiter voranzubringen, um die Nutzung von Sieben-Wagen-Zügen auf der Strecke des RB 41 Hamburg-Buchholz-Rotenburg/Wümme-Bremen zu ermöglichen. Die derzeitige Eingleisigkeit auf der Schienenstrecke zwischen Himmelpforten und Hechthausen soll zu einer Zweigleisigkeit weiterentwickelt werden, um den Verkehrsfluss zu steigern und die Fahrzeiten zu verkürzen. Der Infrastrukturausbau am Knotenpunkt Hamburg-Harburg sollte angestrebt werden. Die Planung von Baustellen ist zu optimieren, um den laufenden Betrieb nicht zu gefährden.
  8. gemeinsam mit der Landesnahverkehrsgesellschaft und den Eisenbahnunternehmen sowie gegebenenfalls mit der DB Station & und Service einen Zeitplan zu entwickeln, um Regionalbahnen mit mindestens sechs, bestenfalls sieben Wagen auszustatten.
  9. Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an Bus- und Bahnhaltestellen weiter auszubauen. Die Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern in Regionalbahnen auch innerhalb der heutigen Sperrzeiten kontinuierlich verbessern. Park & und Ride sowie Bike & und Ride-Konzepte überprüfen und weiterentwickeln. Dabei ist die Ausstattung mit einer Landeinfrastruktur für Pedelecs und Elektrofahrzeuge ausreichend zu berücksichtigen.
  10. im Zuge der künftigen Bedarfsplanung aber auch zur Schaffung von angebotsorientierten Verbesserungen soll die Automatische Fahrgastzählung (AFZE) stärker genutzt werden und regelmäßig ausgewertet werden. Weiterhin ist ihre Übertragung auf weitere Landesteile zu prüfen. Gleichzeitig sollte eine Verdoppelung der Fahrgäste im HVV-Bereich und in anderen Verkehrsverbünden in Niedersachsen bis 2030 angestrebt werden.
  11. im Zuge der Digitalisierung ein Anschlusssicherungssystem zu implementieren, um Anschlussverluste und inakzeptable Wartezeiten für die Fahrgäste zu verringern und zu vermeiden.
  12. gemeinsam mit allen in Niedersachsen bestehenden Verkehrs- und Tarifverbünden, also dem Tarifverbund Großraum Hannover (GVH), Hamburger Verkehrsverbund (HVV), Verkehrsverbund Niedersachsen/Bremen (VBN), Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (VSN) und dem Verbundtarif Region Braunschweig eine einheitliche Vertriebs- und Tarifstruktur in Niedersachsen anzustreben.
  13. dem Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung in Abstimmung mit der Landesnahverkehrsgesellschaft zweimal jährlich über den Fortgang der Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung im HVV-Bereich zu unterrichten. Gleichzeitig soll über die infrastrukturellen Herausforderungen die in den anderen Landesteilen Niedersachsens, u.a. den weiteren vier niedersächsischen Tarifverbünden, bestehen und welche Planungen diesbezüglich der Landesregierung vorgesehen sind, berichtet werden.  

Begründung:

Wer morgens gut mit dem HVV zur Arbeit kommt, will abends genauso gut wieder nach Hause kommen, Zuverlässigkeit im HVV bei der Nutzung wirkt nicht nur spürbar und sofort, sondern erhöht die Akzeptanz des Öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenpersonennahverkehr und macht Lust auf das Umsteigen vom Auto auf Öffentliche Verkehrsmittel. Dafür bedarf es aber eine Reihe von Maßnahmen, die für eine nachhaltige Qualitätssteigerung sorgen und Abläufe im HVV optimieren. Dabei kommt es wesentlich auf eine gute, regelmäßige sowie verlässliche länderübergreifende Zusammenarbeit an.  Insbesondere der Nahverkehr im westlichen und südlichen Hamburger Umland muss gut vernetzt und ausgebaut werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Regionalbahnen für den langlaufenden Pendlerverkehr gegenüber der S-Bahn gravierende Vorteile haben. Dazu zählen schnellere Einfahrten in die Städte, Durchbindung der Linien bis tief in die ländlichen Regionen und mehr Platz und Komfort in den Zügen. Das gemeinsame Ziel aller Akteure muss auf den Umstieg vom Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenpersonennahverkehr abzielen.  Jeder neue Fahrgast im HVV bedeutet weniger Autoverkehr auf den ohnehin überlasteten Straßen im Hamburger Umland und ist somit ein dauerhafter Beitrag zu weniger Lärm- und Luftbelastung. Eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 als Zielvorgabe ist sinnvoll. Über den Hamburger Verkehrsverbund (HVV) hinaus, bestehen vier weitere Tarifverbünde in Niedersachsen. Infrastrukturelle Herausforderungen bestehen in allen fünf Tarifverbünden in Niedersachsen. Die Landesregierung und die Landesnahverkehrsgesellschaft sind gefordert, bestehende Herausforderungen zu identifizieren und entsprechend den zuständigen Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hierüber und über den Fortgang von Maßnahmen zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs zu unterrichten.  

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