Antrag: Fokus Klima: Landwirtschaft nach Dürre und Hitzewelle nachhaltig neu ausrichten!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag kritisiert die im Bezug zum Hitzesommer 2018 beschwichtigende Aussage von Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, wonach es Wetterextreme schon immer gegeben habe (ZDF, Morgenmagazin 13.08.2018).

Der Landtag stellt hingegen fest:

Alles deutet darauf hin, dass es sich bei den Hitzemonaten von 2018 um Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels handelt. Eine Wende in der Agrarpolitik ist überfällig. Niedersachsen muss jetzt die Weichen stellen für eine krisenfestere, klimaverträgliche und ökologische Landwirtschaftspolitik, denn die landwirtschaftlichen Betriebe sind in besonderem Maße Leidtragende zunehmender Wetterextreme. Die Freigabe von ökologischen Vorrangflächen für die Futtergewinnung kann keinen nennenswerten Beitrag zu Lösung der Futtermittelknappheit leisten. Hingegen sind die negativen Auswirkungen auf die Insekten und Wildtiere gravierend.

Die zu hohen Tierbestände, der Umbruch von Grünland in Ackerland und der Verlust von Moorböden tragen allerdings auch zur Verschärfung der Klimakrise bei. Eine Wende zu einer ökologischen und naturverträglichen Landwirtschaft kann somit einen wichtigen Beitrag zu Klimaanpassung und Klimaschutz leisten.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich für eine krisenfeste, klimaverträgliche und ökologische Landwirtschafts- und Forstpolitik einzusetzen:

  • Betroffene Landwirtinnen und Landwirte müssen bei der Bewältigung der Hitze-Schäden unterstützt werden. Hierzu ist der Dialog mit Landwirtschaft, Molkereien und verarbeitendem Gewerbe sowie dem Handel zu suchen. Der Schwerpunkt ist drauf zu legen, dass die erhöhten Produktionskosten sich in den Erlösen für die Landwirte widerspiegeln.
  • Direkte Finanzhilfen müssen zielgenau bei den Betrieben ankommen, die tatsächlich betroffen sind. Dabei sind Grünlandbetriebe besonders zu berücksichtigen.
  • Bio-Betriebe, die auf konventionelles Futter zurückgreifen müssen, müssen einen finanziellen Ausgleich bekommen, da sie ihre Produkte dann nicht als „Bio-Produkte“ vermarkten können
  •  Mittelfristig Maßnahmen zu unterstützen, die eine klimaangepasste und naturverträgliche Landwirtschaft fördern:
    • Verstärkte Aufklärung und Austausch über regionale Klimaprognosen.
    • Die Diversifizierung von landwirtschaftlichen Betrieben ist zu fördern, um Ausfallrisiken zu mindern. Hierzu sind betriebsspezifischen Beratungen durchzuführen.
    • Beratung zum Anbau von Kulturen, die mit weniger Wasser auskommen und hitzebeständiger sind, müssen ausgebaut werden (z.B. Sorghum-Hirse als Energiepflanze, tiefwurzelnde Lupinen)
    • Humusaufbauende Bodenbewirtschaftung ist zu fördern und Bodenverdichtung einzudämmen.
    • Förderung verlustarmer und energiesparender Bewässerungssysteme.
    • Grünland als Kohlenstoffsenke und Feuchtigkeitsspeicher erhalten
    • Die umweltverträgliche Weidetierhaltung fördern, um Dauergrünland zu erhalten
    • Konkrete Fördermaßnahmen zur Umstellung auf Ökolandbau ausweiten, statt nur Zielgrößen auszugeben.
    • Der Obstbau mit seinen langen Investitionszeiträumen muss entsprechend neuer Klimaprognosen ausgerichtet werden.
    • Maßnahmen zu entwickeln wie eine dauerhafte Reduzierung der Tierbestände in Niedersachsen erreicht werden kann
    • Häufigere Hitzeperioden müssen bei den Anforderungen an Stallbauten berücksichtigt werden
    • Tiertransporte in Hitzeperioden müssen verhindert werden.
    • Die Forstpolitik muss neu ausgerichtet und Waldbrandgefahren neu bewertet werden: Mischwälder müssen ausgedehnt und waldbrandgefährdete reine Nadelbaumbestände reduziert werden.

Begründung

Während der Obstbau in Niedersachsen 2018 mit einer überdurchschnittlichen Ernte rechnet, führt die monatelange Hitze und Dürre diesem Sommer zu drastischen Ernteausfälle in Niedersachen. Bei Getreide und Raps verursacht die monatelange Trockenheit erhebliche Ertragseinbußen, zudem sind Kartoffeln, Rüben und Mais betroffen. Auch das Grünland vertrocknet, was die Tierhaltung weiter unter Druck setzt und zu Futtermittelknappheit führt. Doch auch der Obstbau mit seinen langen Planungszeiträumen muss sich neu ausrichten. Frühere Blühzeiträume gehen mit einer höheren Gefahr von Totalausfällen durch Frostschäden einher.

Nach Einschätzung des Landvolks wird die Getreideernte in Niedersachsen in diesem Jahr um rund ein Drittel niedriger ausfallen, wobei bereits die Ernte im Vorjahr schlecht ausfiel. Schwer betroffen sind auch die Milchviehbetriebe und Weidetierhalter, bei denen schon jetzt das Raufutter knapp wird.

Aufgrund des Klimawandels ist zukünftig mit wiederkehrenden Dürreperioden zu rechnen, daher reichen Sofortmaßnahmen nicht aus, um die Probleme, mit denen die Landwirtschaft konfrontiert ist, dauerhaft einzudämmen.  Nasse Winter, Unwetter und Starkregen, Hitzesommer – die extremen Wetterlagen im Jahr 2018 machen die Klimarisiken für Niedersachsen deutlich. Das belegen unter anderem der niedersächsische Klimareport und das Klimafolgen-Monitoring des Umweltbundesamts.

Für landwirtschaftliche Betriebe können die Auswirkungen existenzbedrohend sein, kein anderer Bereich ist so unmittelbar auf den Erhalt unserer Lebensgrundlagen angewiesen. Wetterextreme sind zunehmend unkalkulierbar. Der Ackerbau leidet unter veränderten Niederschlagmustern, die Schädlingsausbreitung wird schwerer kalkulierbarer. Hitzeperioden bedeuten zusätzlichen Stress für Nutztiere, der auch zu sinkender Fruchtbarkeit führen kann. Im Stall und bei Tiertransporten sind Tiere zunehmend hohen Temperaturen ausgesetzt, die Sterblichkeit steigt.

Die Forderung des Präsidenten des Bauernverbandes nach Entschädigungszahlungen von einer Milliarde ist selbst in den eigenen Reihen umstritten. Der Landesverband der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft fordert stattdessen von verarbeitendem Gewerbe, Handel und Verbraucherinnen und Verbrauchern kostendeckende Preise für Lebensmittel entsprechend der marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten mitzutragen und an die landwirtschaftlichen Betriebe weiterzureichen.  

Finanzielle Hilfen des Landes müssen sich an die besonders betroffenen Betriebe richten. Besonders betroffen sind in einigen Regionen Niedersachsens Grünlandbetriebe. Die fehlende Futtergrundlage kann hier nur schwer ersetzt werden, da Grünlandfutter kaum zu erwerben ist.

Rund 28 Prozent der niedersächsischen Treibhausgasemissionen stammen aus dem Bereich Landwirtschaft, so die Regierungskommission Klimaschutz.

Um den Klimawandel abzuschwächen, muss auch die Landwirtschaftspolitik so ausgerichtet werden, dass die in der Tierhaltung entstehenden Methan-Emissionen oder die Lachgas-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden als Folge der Stickstoff-Düngung reduziert werden.

Methoden wie Mischkulturen, Fruchtfolgen, ganzjährige Bodenbedeckung unterstützen den Humusaufbau und schützen Bodenorganismen. Laut dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist der Ökolandbau um 15 bis 20 Prozent „klimafreundlicher“ als die konventionelle Landwirtschaft. Das liegt am besseren Humusaufbau und den niedrigeren Lachgasemissionen.

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