Änderungsantrag: Tierschutzgesetz einhalten – Ferkelkastration nur unter nachweislich schmerzfreien Methoden anwenden

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/348

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 18/616

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Um den bei rund fünf Prozent der geschlechtsreifen Eber bestehenden „Ebergeruch“ zu vermeiden und diese besser vermarkten zu können, werden die meisten männlichen Ferkel derzeit kastriert - bislang nicht selten betäubungslos. Mit der Änderung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2013 ist dieses Verfahren jedoch nur noch bis 31.12.2018 erlaubt. Ab 01.01.2019 müssen alternative Methoden angewandt werden. Eine Möglichkeit zur Verwertung von Eberfleisch stellt die Jungebermast dar, sofern Eber vor Eintritt in die Geschlechtsreife geschlachtet werden oder Individuen mit Ebergeruch identifiziert werden können.

Als Alternative zur betäubungslosen Kastration werden derzeit vier verschiedene Ansätze vorrangig diskutiert: Die Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration), Die Kastration mit Inhalationsnarkose (Isofluran) und zusätzlicher Schmerzausschaltung, die Kastration mit Injektionsnarkose und der sogenannte „vierte Weg“, der eine Kastration unter Lokalanästhesie darstellt. Experten zufolge sind jedoch nicht alle diese Maßnahmen als tierschutzkonform zu erachten. Vor allem der sogenannte „Vierte Weg“ steht bei Interessensverbänden des Tierschutzes massiv in der Kritik.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf

  1. Sich beim Bund dafür einzusetzen, nur nachweislich schmerzfreie Kastrationsverfahren wie z.B. die Inhalationsnarkose bei zusätzlicher Schmerzausschaltung zuzulassen
  2. Weiter Vorreiter im Tierschutz zu bleiben und ausschließlich nachweislich schmerzfreie Kastrationsmethoden in Forschung, Entwicklung und Anwendung zu unterstützen
  3. Die Forschung zur Optimierung schmerzfreier Alternativen zur betäubungslosen Kastration, wie z.B. hinsichtlich einer reduzierten Stressbelastung der Ferkel, der Wirksamkeit etc. zu unterstützen und auszubauen
  4. Die Entwicklung und Erforschung tiergerechter Methoden zur Vermarktung von Eberfleisch auch ohne Kastration zu unterstützen, wie z.B. die Impfung gegen Ebergeruch, die Geruchsentwicklung bei Jungebern zu erkennen, die Vermarktung von Jungebern vor der Entwicklung der Geruchsstoffe etc.

Begründung

Aufgrund des baldigen Ausstiegs aus der betäubungslosen Kastration Ende 2018 werden dringend alternative Methoden benötigt, um Eber schmerzfrei zu kastrieren. Hierzu bestehen verschiedene, zum Teil bereits praxiserprobte Ansätze. Der Forderung des Tierschutzgesetzes nach einer „wirksamen Schmerzausschaltung“ kann jedoch vor allem die Kastration unter Lokalanästhesie Expertinnen und Experten zufolge nicht gerecht werden. Die Methode beinhaltet ein hohes Risiko für ein erhöhtes Stressaufkommen bei den Tieren sowie fehlerhafte Anwendung mit schmerzhaften, sogar tödlicher Folge für die Ferkel. Tierschutzverbände, die Bundestierärztekammer, die Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz warnen aufgrund erhöhten Tierleidrisikos daher ausdrücklich vor der lokalen Anästhesie zur Kastration. Auch ausreichende Schulungen der Landwirtinnen und Landwirte können dies nicht verhindern, da selbst eine richtig gesetzte Injektion der Lokalanästhetika in Hoden oder Samenstrang als sehr schmerzhaft gilt. Die Verwendung des gewebereizenden Mittels Lidocain verstärkt den Effekt dabei. Auch der einzige derzeit für Schweine zugelassene Wirkstoff zur lokalen Betäubung Procain, schaltet den Schmerz nicht immer ausreichend aus. Unterschiedliche Studien mit verschiedenen Lokalanästhetika belegen, dass der Schmerz mit dem „vierten Weg“ für Ferkel nicht hinreichend vermieden werden kann. Damit wird die Forderung des Tierschutzgesetzes nach einer „wirksamen Schmerzausschaltung“ nicht erfüllt und sollte daher nicht weiter als Alternative zur betäubungslosen Kastration verfolgt werden. Zumal andere Alternativen existieren, die seit mehreren Jahren angewendet werden. Auch diese haben Nachteile. So ist auch unter Einsatz von Isofluran noch mit einem gewissen Stressaufkommen bei den Ferkeln zu rechnen. Hier müssen Forschungsvorhaben ansetzen, um diese Methoden zu optimieren. Expertinnen und Experten stufen diese Tierschutzrisiken jedoch als wesentlich geringer ein als bei der Lokalanästhesie. Die Kastration mit Inhalationsnarkose (Isofluran) und Schmerzausschaltung führt unter fachkundiger von Erzeugerverbänden wie NEULAND seit langem angewandt und stehen der Praxis zur Verfügung.

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