Änderungsantrag: Novellierung der Allgemeinen Bergverordnung über Untertagebetriebe, Tagebaue und Salinen (ABVO) von 1966

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/183

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/810

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest, dass das Bundesberggesetz grundsätzlich reformiert werden muss. Das Bergrecht räumt immer noch der Ausbeutung des Untergrundes und der Nutzung von Bodenschätzen Vorrang ein vor dem Schutz der Umwelt und den Interessen der von solchen Maßnahmen betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Bergrechtliche Genehmigungen erfolgen im Regelfall ohne eine heute erforderliche umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit.

Der Landtag fordert deshalb: Bergrecht muss künftig Teil des Umweltrechts werden und darf keine Sonderstellung mehr haben. Ein Eingriff in die Natur liegt auch vor, wenn endliche natürliche Ressourcen in großen Tiefen aufgesucht und/oder gewonnen oder unterirdische Hohlräume als Lagerstätten genutzt werden.

Die Landesregierung wird gebeten

a)      konkret zu prüfen in welcher Form die Allgemeine Bergverordnung über Untertagebau, Tagebau und Salinen (ABVO) vor dem Hintergrund der technischen Entwicklungen im Bergbau in den letzten Jahrzehnten und durch veränderte Gesetzgebung auf europäischer und auf Bundesebene zu überarbeiten ist,

b)      zu prüfen, welche Defizite in Bezug auf Umweltschutz, Ewigkeitslasten, Transparenz sowie Beteiligung von Kommunen, Verbänden sowie betroffener Bürgerinnen und Bürger im geltenden Bergrecht bestehen und welche landesrechtlichen Möglichkeiten genutzt werden könne, diese Defizite zu beheben. Im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Bodenschätzen ist auch zu prüfen, wie Rohstoffe zur Nutzung für künftige Generationen bewahrt werden können.

c)      dem Landtag zeitnah das Ergebnis dieser Prüfung mitzuteilen.

Begründung

Die Allgemeine Bergverordnung über Untertagebetriebe, Tagebaue und Salinen (ABVO) ist die zentrale niedersächsische Vorschrift für Untertagebetriebe, Tagebaue und Salinen in Niedersachsen. Sie ist mittlerweile über 50 Jahre alt und hat unter anderem durch zahlreiche Streichungen und Anpassungen an Lesbarkeit verloren. Mittlerweile sind über 100 Paragraphen der ABVO bereits aufgehoben oder aufgrund entgegenstehender Vorschriften gegenstandslos geworden.

Das Bergrecht stammt aus einer Zeit, in der die wirtschaftliche Nutzung von Bodenschätzen vorrangig war gegenüber den Interessen der Allgemeinheit und der Bürgerinnen und Bürger in von Schäden durch den Bergbau - beschönigend als Bergschäden bezeichnet - betroffenen Regionen. Das Bundesberggesetz von 1982 führt diese Tradition fort. Die heute erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit, der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ist bis heute nicht ausreichend im Bergrecht verankert worden. Die Verträglichkeit von bergbaulichen Maßnahmen mit dem Naturraum oder ihre soziale Verträglichkeit stehen weiter hinter den Nutzungsinteressen zurück.

Auf der Grundlage von Bergrecht wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur Atomanlagen genehmigt und betrieben, sondern werden heute Techniken eingesetzt, deren Einsatz in anderen Ländern der Welt zu großen Umweltschäden geführt haben oder die in anderen Staaten verboten sind. Da die konventionellen Lagerstätten für Kohlenwasserstoffe in Norddeutschland nahezu er-schöpft sind und heute zum Aufsuchen und Fördern von Erdöl und Erdgas sogenannte unkonventi-onelle Technologien wie die Fracking-Technologie eingesetzt werden, die mit erheblichen Umwelt-risiken (schmutziges Erdgas) verbunden sind, kann es keine Bagatellgrenzen geben, bis zu denen auf die Prüfung der Umweltverträglichkeit verzichtet werden könnte.

Die ABVO wurde lange vor dem Bundesberggesetz in Kraft gesetzt, in einer Zeit, als es im Land Niedersachsen noch kein einheitliches Berggesetz gab. Ein einheitliches Berggesetz im Land Niedersachsen entstand erst zwölf Jahre nach dem Inkrafttreten der ABVO. Die ABVO hatte von 1966 bis 1978 die Aufgabe, übergangsweise für ein einheitliches Recht und damit für gleiche Wettbewerbsbedingungen der niedersächsischen Bergbaubetriebe zu sorgen. Schon kurz nach der Einführung eines Berggesetzes für das Land Niedersachsen wurde dieses durch das Bundesberggesetz ersetzt. Das Bundesberggesetz enthält eine Ermächtigung zum Erlass von Bergverordnungen auf Landes- und Bundesebene. Von dieser Ermächtigung wurde seit 1980 ausgiebig Gebrauch gemacht. Insbesondere die Bundesbergverordnungen, die für einheitliche Regeln im Bundesgebiet sorgten, führten zur Streichung vieler Paragraphen der ABVO. Seit den 1990er-Jahren wird das bundesdeutsche Bergrecht durch europäisches Regelwerk überprägt, so dass einerseits die Wettbewerbsbedingungen im Bergbau innerhalb der Europäischen Union vereinheitlicht werden und und andererseits das Umweltrecht im Bergrecht verstärkt wurde.. Diesen schrittweisen, europäischen Harmonisierungsprozess im Bergrecht hat die ABVO nur durch Streichungen von Absätzen und Paragraphen nachvollzogen, zuletzt durch die Einführung der Bergverordnung für alle bergbaulichen Bereiche (ABBergV) vor mehr als 20 Jahren. Die ABVO gilt gemäß ihrem § 1 für alle unter Aufsicht der Bergbehörde stehenden Untertagebetriebe und Tagebaue mit den zugehörigen Tagesanlagen sowie für Salinen.

Eine Aufhebung der ABVO ist hingegen nicht sinnvoll, um nicht Regelungen entfallen zu lassen, die nicht anderweitig auf Gesetzes- oder Verordnungswege fixiert sind und somit keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch wegfallende Bezüge zur bestehenden ABVO zu produzieren.

Eine Überarbeitung der ABVO ist aus rechtlichen Gründen auch nicht zwingend notwendig. Die Prüfung über eine grundlegende Überarbeitung erscheint aber sinnvoll, um die in den letzten Jahrzehnten erfolgte technische Weiterentwicklung zu berücksichtigen und Normen, auch aufgrund veränderter Gesetze auf europäischer und auf Bundesebene, anzupassen und Verbesserungen in der Lesbarkeit zu erreichen.

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